Ausgabe September 2003

Vegetarier und Ranger

"Klein und dünn, und noch dazu Vegetarier. Hat keine Aussichten." So die linksliberale Kolumnistin Molly Ivins, eine Texanerin mit Witz und scharfer Zunge, über den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Dennis Kucinich. Dabei wäre Kucinich, Kongessabgeordneter aus Ohio, eigentlich geradezu der Wunschkandidat einer Autorin, die liebend gerne "W" und dessen Crew auf die Schippe nimmt: Von Anfang an war er gegen den Einmarsch im Irak, gegen das NAFTA-Freihandelsabkommen, schärfstens gegen George W. Bushs Steuerpolitik und für eine staatliche Krankenversicherung. Trotz Ivins’ vermutlich zutreffender Sticheleien (Image zählt!) dürfte es Kucinichs Politik sein, die ihn de facto unwählbar macht. Mögen die Amerikaner mit wachsenden Wirtschaftsproblemen kämpfen, und mag etwa die Hälfte inzwischen der Ansicht sein, George W. Bush habe die Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen übertrieben: Wahlpolitik findet in den USA auf einem sehr kleinen Spielfeld statt. Schon allein des Geldes wegen. Wer Fernsehwerbung bezahlen will, muss Sponsoren nach dem Mund reden. Regierungsangaben zufolge kostete der Präsidentschaftswahlkampf 2000 insgesamt 529 Mio. Dollar, verglichen mit 171 Mio. im Jahr 1976, als Jimmy Carter gewann.

Gewählt wird der nächste Präsident im November 2004.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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