Ausgabe September 2004

Grundeinkommen statt Hartz IV

Zur politischen Soziologie der Sozialreformen

Am 9. Juli 2004 verabschiedete der Bundesrat mit dem Kommunalen Optionsgesetz den Kern der Arbeitsmarktreform Hartz IV. Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe wurden zum neuen Arbeitslosengeld II (ALG II) zusammengelegt, das Langzeiterwerbslose teils deutlich schlechter stellt. "Workfare" statt "welfare" lautet nun auch in Deutschland die Parole, die aus dem angloamerikanischen Raum schon länger erklingt. Seither ist die Republik beunruhigt, ziehen neue Montagsdemonstrationen vor allem durch ostdeutsche Städte, erhält die PDS massiven Wählerzulauf und fürchtet die SPD weitere Verluste.

Durch einen eigentümlichen Zufall wurde am selben Tag in Berlin ein deutsches "Netzwerk Grundeinkommen" gegründet. Es möchte die akademische und politische Diskussion um ein Grundeinkommen befördern, das die Existenz sichert, auf einem individuellen Rechtsanspruch beruht und ohne Bedürftigkeitsprüfung oder Zwang zur Arbeit auskommt.1 Alles Eigenschaften, die mit dem ALG II auf den ersten Blick nichts zu tun zu haben.

Was also sind Merkmale und Mängel von Hartz IV und wie müsste die taugliche Alternative beschaffen sein? In diesem Beitrag werden in einem ersten Schritt Hartz IV und die ihm zugrunde liegende Politik der Aktivierung kritisch analysiert. Im zweiten Schritt wird die Idee des Grundeinkommens entlang der wichtigsten Varianten vorgestellt.

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