Ausgabe Dezember 2008

Ein neues Amerika? Die ersten 100 Tage

Nach der denkwürdigen Entscheidung vom 4. November 2008 beginnen wir jetzt, den Blick auf die ersten 100 Tage der Präsidentschaft Obamas zu richten. Schon erheben sich in den tonangebenden Medien mahnende Stimmen, die neue Regierung möge sich „nur nicht übernehmen“. Das Washingtoner Kommentatorenkartell macht Überstunden und beweist – obwohl es sich doch selbst als „realistisch“ ausgibt – seine ungebrochene Fähigkeit, die Realität zu ignorieren: Aller gegenteiligen Evidenz zum Trotz behauptet es steif und fest, diese Nation positioniere sich nach wie vor Mitte-Rechts.

„Hoffen wir“, wie der heuer mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Ökonom Paul Krugman in der „New York Times“ schrieb, „dass Obama klug genug ist, solche Ratgeber zu ignorieren [...]. Die diesjährige Präsidentschaftswahl war ein klares Referendum über politische Philosophien – und die progressive Philosophie hat gewonnen.“ Obama selbst sagt, er werde eher die ersten 1000 Tage statt der üblichen 100 brauchen, bis man seine Erfolge abschätzen könne. Dies liege an dem Problemberg, den der vermutlich schlechteste Präsident aller Zeiten (meine Formulierung, kein Obama-Zitat) ihm hinterlasse. Und in der Tat wird es viele Jahre kosten, die Schäden zu überwinden, die George W.

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