Ausgabe Juli 2010

Zu Lande, zu Wasser und in der Luft: Israel – der eingemauerte Staat

Im Jahre 2007 veröffentlichten die französischen Autoren Edouard Glissant und Patrick Chamoisau einen Essay unter dem Titel „Qand les murs tombent“ – Wenn die Mauern fallen.[1] Darin schreiben sie: „Die Versuchung, Mauern zu bauen, ist nicht neu. Wann immer es einer Kultur oder einer Zivilisation nicht gelingt, an die andere zu denken, auch an den anderen in sich selbst, wurden diese starren Sicherungen aus Steinen, Eisen, Stacheldraht und geschlossenen Ideologien errichtet. Diese Barrieren fielen in sich zusammen, und sie kamen zurück mit neuer Kraft. Diese furchtvolle Ablehnung des anderen, diese Versuche, die Existenz des anderen zu neutralisieren, ja zu negieren, mag sogar die Form eines Gesetzes annehmen […]. So kann es heimliche Mauern geben oder auch offizielle, diskrete oder bombastische.“

Der Titel des Essays ist freilich ein wenig optimistisch, denn auf der Welt fallen heute kaum Mauern. Vielmehr werden derzeit mehr Mauern errichtet als abgerissen.[2] Die neueste und in der jüngsten Geschichte wohl unmenschlichste Mauer wird seit 2002 von Israel gebaut. Sie trennt nicht nur Israelis von Palästinensern, sondern, wieder einmal, ein ganzes Volk, nämlich Palästinenser von Palästinensern. Gleichzeitig verstärkt Ägypten die schon seit Jahren bestehende Abriegelung der etwa 1,5 Millionen Menschen des Gazastreifens.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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