Die Parlamentswahl vom 26. September hat die politischen Kräfteverhältnisse in Venezuela verändert. Die Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) von Präsident Hugo Chávez, der seit 1999 amtiert, konnte zwar die Mehrheit der Mandate behaupten, sie erzielte jedoch lediglich 48,1 Prozent der Listenstimmen und erlitt damit einen erheblichen Dämpfer. Bei der Präsidentschaftswahl 2006 hatte Chávez selbst noch über 60 Prozent der Stimmen erhalten. Die PSUV errang in diesem Jahr aufgrund des Wahlsystems, das die bevölkerungsarmen der 23 Bundesstaaten des Landes bevorzugt, zwar 98 von 165 Sitzen in der Nationalversammlung, verfehlte aber deutlich ihr selbst erklärtes Ziel einer Zweidrittelmehrheit. Das bedeutet, dass sie künftig nicht mehr im Alleingang über die Besetzung des Obersten Gerichts, die Wahlbehörde und insbesondere über die „Organgesetze“ bestimmen kann, welche die verfassungsmäßigen Rechte konkretisieren und die öffentlichen Gewalten organisieren. Knapp verfehlt wurde zudem eine Dreifünftelmehrheit, die es der PSUV ermöglicht hätte, den Präsidenten mit gesetzgeberischen Vollmachten auszustatten. Immerhin behält die Partei eine komfortable Mehrheit, mit der sie einfache Gesetze ohne Probleme verabschieden kann.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.