Bilanz eines halben Jahrhunderts Friedensforschung
In den Lehrbüchern des Alten Testaments findet sich im Buch „Prediger (3.1-8)“ folgende Aussage: „Alles hat seine Stunde, und es gibt eine Zeit für jegliche Sache unter der Sonne. Eine Zeit für die Geburt und eine Zeit für das Sterben, eine Zeit zu pflanzen und eine Zeit, das Gepflanzte auszureißen; eine Zeit zu töten und eine Zeit zu heilen, […] eine Zeit zu lieben und eine Zeit zu hassen, eine Zeit des Krieges und eine Zeit des Friedens.“
Vor allem an Letzteres könnte man erinnert sein, wenn man die Debatte über Friedensforschung und Friedenstheorie der vergangenen Jahrzehnte bilanziert. Offensichtlich gilt auch hier: Alles hat seine Zeit – eine Zeit der konventionellen und eine der kritischen Friedensforschung, eine Zeit der Kriegsursachen- und eine der Friedensursachenforschung, eine der Fokussierung auf Gewaltanalyse oder eine der Konfliktlösung, eine der Ausrichtung auf wissenschaftliche Analyse oder eine der politischen Praxis.
Solche unterschiedlichen Perspektiven können das Ergebnis wissenschaftsimmanenter Entwicklungen, aber auch das Ergebnis eines Generationenwechsels sein. Aber natürlich reflektieren die unterschiedlichen Perspektiven der Wissenschaft stets auch – und im Bereich der Friedensforschung vielleicht ganz besonders – Veränderungen im realpolitischen Umfeld.