
Dass im Hause Springer ein Prozess radikalen Umdenkens im Gange ist, wusste man ja schon eine ganze Weile. Wie radikal dieser Prozess tatsächlich ist, wird jedoch erst mit dieser Legislaturperiode sichtbar. Und zwar nicht nur an Kai Diekmanns wucherndem Bart, der inzwischen eindeutig talibaneske Formen annimmt, sondern an der fundamentalen Neuausrichtung der Konzernstrategie, insbesondere seiner Speerspitze, der „Bild“-Zeitung.
In Erinnerung an die seligen Zeiten von ’68, als die eigentliche Opposition gegen die erste GroKo auf der Straße stattfand – und zwar nicht zuletzt gegen den Springer-Konzern –, entwickelte Großstratege Diekmann den grandiosen Plan, den vakanten Posten der APO diesmal selbst zu besetzen. „BILD geht in die Opposition. Und wird Außerparlamentarische Opposition. APO! BILD wird der neuen Regierung bei jeder Gelegenheit auf die Finger hauen! Hart. Schmerzvoll. Und ohne Gnade,“ kündigte der „Bild“-Chef in echtem Putztruppen-, vulgo Bushido-Jargon an.
Gesagt, getan: Seit Beginn der Koalition hagelte es „Bild“-Protest, inklusive eigener kleiner Anfragen an die Ministerien. Und zwar solange, bis „Bild“ erfahren haben wollte, Pressesprecher Seibert höchstselbst habe die Regierung davor gewarnt, weitere „Bild“-APO-Anfragen zu beantworten.