Ausgabe Juli 2014

Diplomatie mit Waffen

Die deutsche Öffentlichkeit hat noch nicht das Diktum Friedrichs des Großen akzeptiert: Diplomatie ohne Waffen ist wie ein Orchester ohne Instrumente.” So lautet die Deutschlandbilanz des langen Diplomatenlebens von James D. Bindenagel. Ginge es nach ihm, sollten die Deutschen diesen Ausspruch des Alten Fritz so schnell wie möglich verinnerlichen. Und geht es nach der Universität Bonn, wird ebendieser James D. Bindenagel ab kommendem Wintersemester den neu geschaffenen „Henry-Kissinger-Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung“ einnehmen.

Diese Professur ist aus mindestens zwei Gründen ein Novum: Erstens dürfte sie die einzige Stiftungsprofessur in Deutschland sein, mit der ein Mann geehrt wird, der zahlreiche Diktaturen unterstützt hat und für den Tod Hunderttausender in Südostasien und Südamerika mitverantwortlich ist.[1] Und zweitens soll die Professur ganz überwiegend vom Bundesministerium der Verteidigung finanziert werden. Kein Wunder also, wenn der wissenschaftliche Gegenstand des Lehrstuhls auch das Aufgabenspektrum des Stifters mitumfasst, sprich: das Tätigkeitsfeld der Bundeswehr.

Bei der Wissenschaft von den Internationalen Beziehungen kommt es – eigentlich – vor allem darauf an, die Hintergründe außenpolitischen Handelns zu verstehen, auch und gerade die der internationalen Mitspieler.

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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