Ausgabe Januar 2015

Riskante Resistenzen: Die Antibiotikakrise

Wenige Tage vor dem „Europäischen Antibiotikatag“ am 18. November offenbarte eine Meldung aus Niedersachsen, wie dringend nötig ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel im Umgang mit Antibiotika ist: Der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband hatte im Grundwasser ein Antibiotikum nachgewiesen, das vermutlich über den Dung behandelter Schweine in den Boden gelangt ist.[1] Auch wenn keine akute Gefahr vorlag, da der Wert gering war und das Trinkwasser aus tieferen Schichten entnommen wird, macht der Fund auf ein grundlegendes Problem aufmerksam: Hühner, Schweine und Kühe werden vorsorglich mit Antibiotika behandelt – mit langfristig gravierenden Folgen für die Menschheit.

„Wir sind an einem kritischen Punkt angelangt [...], die Resistenz gegen vorhandene Antibiotika hat beispiellose Ausmaße erreicht, und neue können nicht schnell genug bereitgestellt werden“, warnte bereits vor mehr als drei Jahren die Weltgesundheitsorganisation. In ihrem aktuellen Bericht spricht sie sogar von einer drohenden „Post-Antibiotika-Ära“.[2]

Allein in Deutschland sterben bereits jedes Jahr mehrere tausend Menschen an Infektionen mit multiresistenten Bakterien. Dabei handelt es sich um Keime, die nicht nur gegen ein Antibiotikum, sondern gleich gegen verschiedene Antibiotika Abwehrstrategien entwickelt haben und die nur äußerst schwer zu bekämpfen sind.

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Indoktrination und Militarismus

von Irina Rastorgujewa

Am Morgen des 24. März hängten unbekannte Aktivisten eine Schaufensterpuppe, die die antike römische Göttin Minerva darstellt, am Denkmal des Grafen Uwarow in der Nähe des Hauptgebäudes der Staatlichen Universität St. Petersburg auf. In der Hand der antiken Schutzherrin der Wissenschaften befand sich ein Zettel mit der Aufschrift „Die Wissenschaft ist tot“.

Scharfsinn und Bescheidenheit

von Oliver Eberl

Wer mit Ingeborg Maus sprechen wollte, wurde von ihr meist auf den Abend verwiesen: Bevorzugt nach 20 Uhr ließ sich die Professorin für „Politologie mit dem Schwerpunkt politische Theorie und Ideengeschichte“ an der Frankfurter Goethe-Universität anrufen und klärte dann geduldig und stets zugewandt organisatorische und akademische Fragen, oftmals bis weit in die Nacht. Natürlich musste man erst einmal durchkommen, denn es waren viele, die etwas mit ihr besprechen wollten.

Mannigfaltigkeit statt Homogenität

von Leander Scholz

Auch wenn Begriffe wie Biodiversität oder diversity management erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts geprägt wurden und seitdem den politischen Diskurs zur biologischen und sozialen Diversität bis in unsere Gegenwart hinein dominieren, verweist deren Vorgeschichte weit zurück bis ins 18. Jahrhundert – und sie ist unmittelbar mit einem revolutionären Ereignis verbunden.

Adorno und die Utopie der Nicht-Identität

von Seyla Benhabib

Beginnen möchte ich mit der Begegnung zweier berühmter Intellektueller, deren Leben sich für eine kurze Zeit in Frankfurt kreuzten und die dann beide ins Exil in die Vereinigten Staaten gingen: Ich meine Theodor W. Adorno und Hannah Arendt. Es gibt mehr Ähnlichkeiten zwischen ihnen, als man auf den ersten Blick meinen möchte.