Ausgabe Mai 2015

Die Entdiabolisierung des Front National

Nach den französischen Departementswahlen Ende März schien der Ausgang auf den ersten Blick eindeutig zu sein: Nicolas Sarkozys Union pour un mouvement populaire (UMP) erlebte einen Triumph, der Parti socialiste (PS) erlitt hingegen eine schwere Niederlage. Der Front National (FN) verfehlte überraschend sein Wahlziel, mehr als 30 Prozent der Stimmen zu erhalten. Noch wenige Tage vor der Wahl hatten die Medien dem FN einen „großen Schritt“ auf dem Weg zur Macht vorausgesagt.

So weit, so gut. Doch schaut man sich die Wahlergebnisse genauer an, so erweist sich das Ergebnis als weitaus komplexer. Tatsächlich fällt Sarkozys Sieg – allein nach den nackten Zahlen – sehr bescheiden aus: Nicht die UMP allein, sondern das Wahlbündnis mit der rechtsliberal-zentristischen Union des démocrates et indépendants (UDI) erreichte ziemlich genau fünf Millionen Stimmen und holte damit rund ein Drittel der insgesamt 4106 Mandate. Sarkozys populistisch-konservative UMP mobilisierte davon allerdings gerade einmal etwa 1,5 Millionen Wählerinnen und Wähler und erreichte damit für sich allein nur rund 400 aller Mandate. Demgegenüber stimmten mit 2,9 Millionen fast doppelt so viele Wähler direkt für Hollandes Parti socialiste, der 774 Mandate errang.

Und dennoch gewann am Ende die UMP 67 von 101 Departements.

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