Ausgabe Oktober 2015

Sozialismus reloaded – und revidiert

Die Idee des Sozialismus ist ein geistiges Kind der kapitalistischen Industrialisierung, doch schon seit langem ist es irreführend, im Sozialismus nur den intellektuellen Ausdruck der Belange der industriellen Arbeiterschaft oder gar das Sprachrohr eines immer schon revolutionären Proletariats zu erblicken. Diese Idee einer fixen Bindung der Theorie an eine einzige Gruppe war zu Beginn der Bewegung das Ergebnis einer fadenscheinigen Zurechnung von objektiven Interessen und ist seither sowohl durch den Strukturwandel der Beschäftigungsverhältnisse als auch durch die Auflösung der Arbeiterbewegung erkennbar widerlegt worden. Ihr nostalgisch hinterherzutrauern und sich verzweifelt um ihre künstliche Wiederbelebung zu bemühen, wäre schon deswegen falsch, weil auch die unausweichliche Frage der sozialen Trägerschaft von einem revidierten Sozialismus grundsätzlich anders, nämlich auf einer höheren Ebene der Abstraktion, beantwortet werden muss.

Heute kommt es darauf an, den Sozialismus von den Schlacken seines im 19. Jahrhundert wurzelnden Denkgehäuses zu befreien, um ihm eine unserer Gegenwart gemäße Gestalt zu verleihen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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