
Bild: Verlag Antje Kunstmann
Zu den besten politischen Memoiren gehören für den Kapitalismuskritiker Paul Mason jene von Yanis Varoufakis. Und tatsächlich führt der ehemalige griechische Finanzminister seine Leser in den Maschinenraum europäischer Politik. In „Die ganze Geschichte“ präsentiert Varoufakis scharfe Porträts der Handelnden, von der sich durchmanövrierenden Angela Merkel bis zum überforderten Alexis Tsipras. Er bleibt aber nicht bei persönlichen Unzulänglichkeiten stehen, sondern verknüpft diese mit einer aufrüttelnden Grundsatzkritik: „Jede einzelne Person, die ich getroffen habe und über die ich schreibe, glaubte, sie würde sachgerecht handeln, aber gemeinsam brachten sie mit ihrem Tun Unglück über einen ganzen Kontinent.“
Dabei schreckt der Ökonom auch nicht vor schrägen Vergleichen zurück: So wie sowjetische Truppen 1968 den Prager Frühling niederwarfen, hätten 2015 die EU-Apparatschiks die griechischen Hoffnungen erstickt. Da sie fürchteten, „die politische Kontrolle über Europa“ zu verlieren, „zwangen sie dem Land Maßnahmen auf, die nach und nach ihre politische Kontrolle nicht nur über Griechenland, sondern über Europa aushöhlten“.