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Der Ausnahmezustand erscheint nach relativ kurzer Zeit oft als neue Normalität. Das gilt insbesondere für Gesellschaften im permanenten Umbruch, wie die Coronakrise in Südosteuropa – also in jenen sechs EU-Erweiterungskandidaten auf dem Balkan[1] – deutlich vor Augen führt. Schritt für Schritt wurde dort vielerorts eine lebendige Demokratie durch eine Demokratiekulisse ersetzt. Das ist das Werk starker Männer und ihrer Machtstrukturen. Nennen wir sie hier einfach balkanische Illusionskünstler.
Aleksandar Vučić, Präsident Serbiens, des größten Staates der Region, hat es in seiner Illusionskunst zur wahren Meisterschaft gebracht: Unmittelbar vor dem Ausbruch der Pandemie in Serbien stand er noch hinter einem seiner Chef-Virologen und lächelte, als dieser vom Corona-Virus als dem „lächerlichsten Virus der Geschichte“ sprach. Rasant änderte Vučić in den Tagen und Wochen danach aber den Ton und erklärte den „Krieg“ gegen das Virus. Das ging Hand in Hand mit einer fast beliebigen Ausnutzung des Ausnahmezustandes zur alltäglichen Machtdemonstration. Parallel vollzog Vučić eine außenpolitische Wende von der EU zu China. Am 21. März landete am Belgrader Flughafen eine Maschine von Air Serbia voll mit medizinischer Schutzausrüstung aus der Volksrepublik und chinesischen Experten für die Bekämpfung von Covid-19.