Ausgabe Juli 2022

Zeitenwende wohin?

Die moralische Empörungsspirale als Sackgasse

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Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass sich die Gesellschaften des Gegenwartskapitalismus in einem tiefgreifenden Umbruch befinden. Die Spezifik der historischen Situation besteht im Aufeinandertreffen säkularer Umbrüche mit einer Serie externer Schocks. Während etwa die Globalisierung, die Digitalisierung sowie der Klimawandel zu den großen Umbrüchen gehören, lassen sich die Covid-19-Pandemie, massive Lieferkettenprobleme sowie der Ukraine-Krieg als unvorhergesehene äußere Schockereignisse fassen. Aus dieser Gleichzeitigkeit gehen Probleme hervor, die an Tiefe und Komplexität ihresgleichen suchen.

Das hat Folgen für die Politik. Strukturell überfordert steht sie vor Problempanoramen, in denen unterschiedliche Logiken wirken, die kaum zu managen sind. Dabei wächst das Risiko in dem Maße, in dem sich die Problemdeutungen von ökonomischen Gewinn- und politischen Machtinteressen entfernen. Die Folge sind suboptimale Problemlösungen, die den Konflikten befristet ihre Brisanz nehmen, aber oftmals weit entfernt von einer abschließenden Lösung sind. Die so erzwungenen „Muddling-Through“-Politiken erscheinen als Handlungsunfähigkeit und subjektives Versagen der handelnden Akteure und nagen an der Legitimation demokratischer Entscheidungsprozeduren.

Juli 2022

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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