
Bild: Bei Protesten nach Rahul Gandhis Ausschluss aus dem Parlament wurden auch Mitglieder der Kongresspartei festgenommen, Neu-Delhi, 27.3.2023 (IMAGO / NurPhoto / Kabir Jhangiani)
Am 23. März vollzog sich in Indien ein Schauspiel, das der gängigen Beschreibung des Landes als „größte Demokratie der Welt“ unwürdig ist und veranschaulicht, wie weit die Erosion des demokratischen Systems mittlerweile vorangeschritten ist. Was war passiert? Oppositionsführer Rahul Gandhi war vom Obergericht des Bundesstaates Gujarat in einem Verleumdungsprozess zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, die maximal zulässige Strafdauer. Weil das indische Recht vorsieht, dass Volksvertreter ihr Mandat verlieren, wenn sie zu zwei oder mehr Jahren Haft verurteilt werden, musste Gandhi seinen Abgeordnetensitz im Unterhaus des indischen Parlaments räumen. Gandhi ist einer der letzten relevanten Widersacher der seit 2014 amtierenden hindunationalistischen Regierung von Premier Narendra Modi. Und der zugrundeliegende Vorwurf wirkt mehr als vorgeschoben.
Auf einer Wahlkampfveranstaltung im Vorfeld der nationalen Parlamentswahl 2019 hatte Gandhi die rhetorische Frage gestellt, „warum eigentlich alle Diebe mit Nachnamen Modi heißen“. Gandhi, damals Präsident der altehrwürdigen Kongresspartei, bezog sich hierbei auf den Diamantenhändler Nirav Modi und den Cricket-Funktionär Lalit Modi, zwei der prominentesten Wirtschaftskriminellen der jüngeren indischen Geschichte. Doch Purnesh Modi, ein Parlamentarier in Narendra Modis Heimatstaat Gujarat und Parteifreund des Premiers, nahm die Äußerung zum Anlass, um Gandhi zu verklagen.