Ausgabe September 2025

Von Augustus bis Putin

Wie Kriege enden und Friedenszeiten beginnen

Wladimir Putin, 27.8.2025 (IMAGO / Russian Look)

Bild: Wladimir Putin, 27.8.2025 (IMAGO / Russian Look)

Wenn man derzeit allenthalben den Eindruck haben muss, dass eine lange Zeit des Friedens zu Ende geht und der zwischenstaatliche Krieg nach Europa zurückgekehrt ist (die jugoslawischen Zerfallskriege der 1990er Jahre waren eher dem Typus des Bürger- als des Staatenkrieges zuzurechnen), ist es naheliegend, darüber nachzudenken, was die Voraussetzungen einer neuen Ära des Friedens sind. Das ist etwas anderes als die Suche nach Möglichkeiten, einen bestimmten Krieg zu beenden. Es ist die Suche nach Strukturen, die tendenziell sicherstellen, dass sich kein politischer Akteur dazu entschließt, einen Krieg zu führen, weil er sich von mit Gewalt erzwungenen Veränderungen Vorteile verspricht, die er sonst nicht erreichen könnte. Denkt man in diesem Horizont über die Beendigung des Ukrainekrieges nach, hätte von Anfang an klar sein müssen, dass das dilettantisch vorbereitete Treffen zwischen den Präsidenten Trump und Putin in Alaska ergebnislos bleiben musste. Bestenfalls wäre ein Waffenstillstand zu erreichen gewesen, den Putin aber von vornherein kategorisch abgelehnt hatte.

Friedenszeiten sind dadurch gekennzeichnet, dass die einem geopolitischen Raum zugehörigen Akteure ein strukturelles Interesse am Frieden haben.[1] Das heißt nicht, dass es sogleich um den „ewigen Frieden“ geht, in dem es prinzipiell keine Kriege mehr gibt und die Menschheit ins Goldene Zeitalter zurückgekehrt ist.

»Blätter«-Ausgabe 9/2025

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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