Ausgabe Januar 2003

Brasilien auf Linkskurs?

Mit dem früheren Schuhputzer und Gewerkschaftsführer Luiz Inacio Lula da Silva wird erstmals ein Sozialist das Amt als Staatschef Brasiliens antreten. Mit seiner Wahl verknüpfen sich Hoffnungen weit über das Land hinaus: Ist die Regierung in ihrem Vorhaben erfolgreich, wird Brasilien zumWegweiser für Schwellenländer, die sich in einer ähnlich krisenhaften Lage befinden. Darüber hinaus stellt die neue Regierung eine Zäsur der lateinamerikanischen Politiklandschaft dar. In Brasilien hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine politische Konstellation herausgebildet, die die Umsetzung innovativer politischer Ansätze begünstigt.

Nach ihrer Gründung 1980 profilierte sich Lulas Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores – PT) im Eintreten gegen die Militärdiktatur und für Demokratie; später prangerte sie immer wieder die dramatischen sozialen Folgen der „konservativen” Modernisierung an. Dieses Profil als radikale Opposition in der brasilianischen Parteilandschaft verdankt die PT ihrer sozialen Basis, zu der nicht nur die seit der Parteigründung miteinbezogenen Gewerkschaftler und die Basisgemeinden der katholischen Kirche zählen, sondern auch Studenten, Linksintellektuelle und neue soziale Bewegungen, die sich im Rahmen der Demokratisierung herausbildeten.

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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