Es liegt nicht einmal ein halbes Jahr zurück, da bejubelten die Menschen auf dem Maidan den Erfolg ihrer monatelangen Demonstrationen: Ende Februar setzte sich Präsident Wiktor Janukowitsch nach Russland ab, die Zeichen standen auf demokratische Erneuerung, eine Übergangsregierung wurde eingesetzt. Doch die Freude währte nur kurz: Denn seither bestimmen wachsende Unruhen im Osten der Ukraine das Bild. Inzwischen droht das Land vollends im Bürgerkrieg zu versinken. Anfang Juli brach der neu gewählte Präsident Petro Poroschenko unter dem Druck seiner Wähler und des Militärs eine zehntägige Waffenruhe ab. Die Schuld dafür gab er den prorussischen Separatisten, die immer wieder gegen die Waffenruhe verstoßen hatten. Daraufhin flammten die Gefechte im Osten des Landes erneut auf. Zwar schien sich nach der Rückeroberung von Lugansk durch die ukrainischen Regierungstruppen (mit zahlreichen Toten vor allem auf Seiten der Separatisten) eine kleine Chance zur Deeskalation zu bieten, als auch der russische Präsident Wladimir Putin begann, rhetorisch abzurüsten. Doch inzwischen demonstrieren beide Seiten wieder Härte: Nachdem die ukrainische Armee die Separatistenhochburg Slawjansk zurückerobert hatte, kündigten die Aufständischen bereits eine neue Offensive an, während Russland das Vorgehen der Regierung verurteilte.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.