Ausgabe August 2015

Katastrophenkapitalismus, Teil II

Totale Entfremdung und die Revolte der Natur

Eine oft geäußerte Befürchtung lautet, dass der Kapitalismus unweigerlich zu einer Umweltkrise führen wird. Das ist eine plausible, wenn auch strittige These, die unter anderem Naomi Klein vertritt.[1] Sie ist einleuchtend, weil das exponentielle Wachstum des Kapitals offenkundig eine enorme Umweltbelastung mit sich bringt. Es gibt allerdings vier wichtige Gegenargumente. Erstens ist es dem Kapital in seiner langen Geschichte immer wieder gelungen, seine ökologischen Schwierigkeiten zu lösen, egal, ob dies die Nutzung „natürlicher“ Ressourcen betraf, die Beseitigung von Schadstoffen, die Beeinträchtigung von Lebensräumen oder die Verschmutzung von Luft, Boden, Wasser. Frühere Prophezeiungen, die der Zivilisation und dem Kapitalismus ein apokalyptisches Ende infolge von Hungersnöten und anderen Naturkatastrophen vorhersagten, wirken in der Rückschau töricht. In der Vergangenheit haben zu viele Unglückspropheten zu rasch und zu laut vor dem „Wolf“ gewarnt.

1798 war es Thomas Malthus, der fälschlicherweise Hungersnöte, Krankheiten und Kriege vorhersagte, sobald das exponentielle Bevölkerungswachstum die Nahrungsmittelproduktion überflügele. In den 1970er Jahren prognostizierte der namhafte Umweltschützer Paul Ehrlich, am Ende des Jahrzehnts würden die Menschen massenhaft verhungern, aber es geschah nicht.

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Klasse statt Identität

von Lea Ypi

Die Aufklärung wird heutzutage oft geschmäht, sowohl von rechts als auch von links. Von der Rechten, weil kritisches Reflektieren, der Mut, sich seines Verstandes zu bedienen (Kant), schon immer eine Bedrohung für die passive Unterwerfung gegenüber Autorität bedeutet hat, die für die Normalisierung von Ausgrenzungen erforderlich ist.

Mythos grüne Digitalisierung

von Ingo Dachwitz, Sven Hilbig

Der Klang der Zukunft ist ein leises, elektrisches Dröhnen, das in den Knochen vibriert. Hier im Rechenzentrum herrscht niemals Stille. Es ist erfüllt von einem monotonen Chor mechanischer Flüstertöne.

Aliens unter uns?

von Ferdinand Muggenthaler

Es war ein dramatischer Appell an den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Donald Trump, der Ende März in der „New York Times“ erschien. Es ging dabei jedoch nicht um die Klimakrise oder eine Friedenslösung für die Ukraine. Stattdessen forderte der Kommentator Thomas L. Friedman die beiden mächtigen Männer auf, die Künstliche Intelligenz einzuhegen.

Spanien: Das Land der armen Mieter

von Julia Macher

Es gibt nicht viele Themen, die in ganz Spanien Menschen auf die Straße bringen. Landesweite Demonstrationen prägen in der Regel den Weltfrauentag am 8. März, ansonsten vereint wenig das heterogene und politisch hochpolarisierte Land. Eine Ausnahme bildet das Thema Wohnraum.