Ausgabe Juni 2015

KiK: Blut an den Kleidern

Am 11. September 2012 brach in der Textilfabrik Ali Enterprises in Baldia Town/Karatschi ein Feuer aus. 260 Arbeiterinnen und Arbeiter starben, 32 Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Ein Überlebender und drei pakistanische Angehörige verstorbener Arbeiter klagen nun vor dem Landgericht Dortmund gegen den dort ansässigen Textildiscounter KiK. Das Unternehmen wird bereits seit 2007 von der Fabrik beliefert und nahm zuletzt mindestens 70 Prozent der Produktion ab. Die Kläger argumentieren, dass KiK deshalb als Auftraggeber für Schäden haftet, die ein von ihm formal eigenständiger, tatsächlich aber abhängiger Auftragnehmer verursacht hat.

Ob das Landgericht Dortmund dieser Argumentation folgen wird, ist jedoch völlig offen. Zwar ist in Europa nach der sogenannten Rom-II-Verordnung in der Regel das Recht des Ortes anzuwenden, an dem der Schaden aufgetreten ist.[1] Im Fall der KiK-Klage ist dies pakistanisches Recht – und dieses nimmt auch dann eine Haftung an, wenn Auftraggeber und Auftragnehmer formal unabhängig voneinander sind, jedoch ein Kontrollverhältnis zwischen beiden besteht. Dieses Kriterium sehen die Klägerinnen und Kläger als erfüllt an.

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