Ausgabe Mai 2017

Marx contra Trump?

Versuch einer feministischen Orientierung in gespenstischen Zeiten

Eigentlich war die Arbeiterklasse längst von der Bühne der Geschichte abgetreten. Sie galt als tot, hoffnungslos zersplittert, aufgesogen von ebenjener kapitalistischen Maschinerie, die sie doch eigentlich für immer zum Stillstand bringen sollte.

Nun aber ist sie angeblich wieder da. Sie hat allerdings aktuell eher wenig im Sinn mit Kommunismus, Sozialismus, sozialer Demokratie oder sonst irgendwie links akzentuierter Politik. Ihre politische Tendenz geht vielmehr – so wird allenthalben berichtet – eindeutig nach rechts. Sie war entscheidend beteiligt am gänzlich unerwarteten Sieg von Donald Trump bei den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen, und sie hat auch in Europa einen so starken Anteil am Aufstieg rechter Parteien und Gruppierungen, dass diese schon als die neuen Arbeiterparteien oder gar die neue Arbeiterbewegung gelten.

Zugleich erleben wir schon seit einiger Zeit ein erstaunliches Revival des Entdeckers der Arbeiterklasse als dem Geburtshelfer einer von allen Ressentiments befreiten, klassenlosen Gesellschaft. Selbst in bislang eher antimarxistisch orientierten Kreisen, die bis vor kurzem sogar den Begriff des Kapitalismus aus ihrem Vokabular verbannt hatten (zugunsten der sozialen oder auch freien Marktwirtschaft), ist die Marxsche Kritik am zerstörerischen Potential einer kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung längst wieder en vogue.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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