Ausgabe August 1991

Krieg, Zivilität und Internationalismus.

Eine Standortbestimmung

"... alles hat sich unmerklich vollzogen, durch winzige Preisgaben, und als wir endlich den Kopf hoben, sahen wir im Spiegel ein fremdes, ein hassenswertes Gesicht: unser eigenes." Mit diesen Worten kommentierte Jean-Paul Sartre am 6. März 1958 seine Erschütterung nach der Lektüre des Buches "Die Folter" von Henri Alleg 1). Und zugleich brachte er damit den Humanitätsverlust auf den Punkt, dem zumindest Teile der französischen Linken auf dem Höhepunkt des Kolonialkrieges in Algerien Tribut zollten. 1966, also acht Jahre später, antwortet Peter Weiss auf eine Kritik zur Stockholmer Aufführung seines Stückes "Die Ermittlung" u.a. mit den eindringlichen Sätzen 2): "Die Besitztümer der reichen Nationen sind verpestet von Aasgeruch.

Der Fortschritt, von dem ihre Staatsmänner mit tränenerstickter Stimme sprechen, wird mehr und mehr zu einem Fortschritt in der Eliminierung von Menschenleben." Heute haben diese Diagnosen nicht das geringste an Aktualität eingebüßt. "Das Vergangene ist nie tot, es ist nicht einmal vergangen", lautet das Motto im Vor- und Abspann von Peter Hellers Film "Die Liebe zum Imperium", der Mitte der 70er Jahre die Greuel des deutschen Kolonialismus in Ostafrika ins Gedächtnis der internationalistisch bewegten Linken rief.

August 1991

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema