Die Gegensätze in der Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung in Ostdeutschland (vgl. "Blätter", 11/1991) und Westdeutschland haben sich in den letzten Monaten abgeschwächt.
Während die gesamtwirtschaftliche Leistung im Osten nicht weiter zurückgeht, ist das Wachstum im Westen zum Stehen gekommen. In saisonbereinigter Betrachtung nimmt das westdeutsche Sozialprodukt nicht mehr zu, das ostdeutsche nicht mehr ab. Die Frage ist, ob diese Anpassung der konjunkturellen Entwicklungsdynamik in den beiden Landesteilen den Beginn einer Rezession markiert oder den Übergang zu einer erneuten Belebungsphase, nun aber in beiden Teilen Deutschlands. Dies kann vom heutigen Standpunkt aus nicht eindeutig beantwortet werden. Einmal scheint klar zu sein, daß das Ende des Schrumpfungsprozesses in Ostdeutschland kein "Indiz für eine breit angelegte, kräftige wirtschaftliche Erholung" ist (Herbstgutachten der westdeutschen Wirtschaftsforschungsinstitute).
Das Ostberliner Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) meint sogar, daß dies erst ab 1995 der Fall sein würde. Die wirtschaftliche Aktivität im Osten wird nach wie vor durch weiter zunehmende Finanztransfers aus dem Westen gestützt. Zum anderen aber lassen die zusätzlichen Nachfrageimpulse aus dem Osten nach, die bislang dem Westen eine Sonderkonjunktur beschert hatten.