"Es kommt wieder Eisen in die Politik." Thomas Schmid, 1990. Alle reden vom Krieg. Wir auch, aber anders. Der Golfkrieg und die neue Bundesrepublik, - wie wäre dieses Zusammentreffen anders zu bewerten denn als katalysatorischer Prozeß, in dem die Eigentümlichkeiten des neuen Deutschlands mit aller Macht hervorgetrieben und zugespitzt werden? Gewiß, die Geschichte wiederholt sich nicht.
Aber es ist doch symptomatisch, wie Einheit und Krieg wieder einmal zusammenstoßen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war es die Krimkriegskonstellation gewesen - schon damals entstand die Metapher vom "Windschatten"; heute ist es die Golfkriegskonstellation, die allen Dingen Rang und Einfluß zuweist. Steht das neue Deutschland also wieder vor der gleichen Weggabel wie das alte, zwischen "Kontinentalmacht" und "Weltpolitik" zu wählen? Wie auch immer, der Krieg am Golf und ein noch lange nicht abgeschlossener Prozeß innerstaatlicher Vereinigung machen das Versagen der gerade erst gewählten Bundesregierung umso deutlicher. In dieser Kritik sind sich alle Kommentatoren einig. Bis hin zu den konservativen Medien ist von einem "Fehlstart" (FAZ) die Rede.
Aber die Motive folgen ganz unterschiedlichen Maximen. Auf die Rechten (aber nicht nur dort) hatte man sich am entscheidungsfreudigen "Ausnahmezustand" des Einheitsprozesses von 1990 berauscht.