Vom Wahldesaster zur Wiederherstellung von Politik
Es knirscht im Gehäuse der Republik.
Noch sind Mörtel und Leim des Erweiterungsbaus nicht trocken, da fragt sich schon, ob die Fundamente die veränderte Statik überhaupt tolerieren. Die Baukosten entziehen sich jeder Kalkulation, die Folgekosten erst recht. Alles erinnert an die bundesdeutsche Behördenpraxis bei der Vergabe öffentlicher Aufträge: geschönte Kostenvoranschläge werden zur Entscheidungsgrundlage genommen, Stammfirmen bedacht, unübersehbare Anschlußkosten riskiert... und alles auf der Grundlage spärlicher Legitimationen, aber hoher Verbindlichkeiten. Und nun fangen auch noch die Bewohner an, in der guten Stube zu randalieren; wie undankbar! Das alles soll jetzt ganz schnell und ganz anders werden. Hat der Kanzler gesagt. Der 5. April markiert die Zäsur.
So hat er es gewollt, schon seit Monaten. Eine Kleinigkeit wurde übersehen: die Terminierung selbst offenbart die altbekannte Paarung von Wirklichkeitsverlust und Anmaßung. Diesem Politikverständnis wurde nicht erst in Stuttgart und Kiel - die Wählerquittung ausgestellt. Was am 5. April notorisch wurde, ist ein selbstgemachtes Desaster. Seit Jahresbeginn, streng genommen schon seit den Bremer Wahlen vom 29. September 1991, stand die innere Politik unter Quarantäne, von der SPD arbeitsteilig mit einem "Zwischenchaos" begleitet. Kein "Handlungsbedarf". Nichts durfte entschieden werden.