Ausgabe September 1993

Sorry, Otto N.

"Die Zeiten werden immer schlechter... Na herrlich!" - solch hoffnungsfrohe Kunde erreichte mich kürzlich über das Massenmedium Drucksache aus London, "Preissteigerungen, Steuerschraube, Staatsverschuldung, Arbeitslosigkeit", das seien meine Chancen, jetzt reich zu werden, denn meine Kollegen "Thurn und Taxis, Rockefeller, Rothschilds konnten gerade in Zeiten wirtschaftlicher Depression ihren Reichtum explosionsartig vermehren, während der Mann auf der Straße alles verlor". Um "von der bevorstehenden Katastrophe sogar noch profitieren" zu können, brauche ich nur, so die frohe Botschaft, Mitglied des EPICON-Clubs zu werden.

Schon brauche ich keine Steuern mehr zu zahlen, kann meine Einkünfte vervielfachen, Staatsbürgerschaften, Diplomatenpässe, Doktorgrade und Adelstitel erwerben. Und das alles, weil ich als Mitglied eines exklusiven Vereins von Durchblickern den MAVIS-Brief mit seinem "brisanten Insiderwissen" zugeschickt erhalte.

September 1993

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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