Seit 1990 ist der Eindruck entstanden, das Parteiensystem des neuen Deutschland existiere in zwei Varianten oder berge ein Subsystem in sich - im Westen faktisch ohne, im Osten mit der PDS und bald vielleicht ohne FDP. Die Ergebnisse der Wahlen, die in den ostdeutschen Ländern und Kommunen nach 1993/94 und zuletzt im Oktober 1995 in Berlin zum Abgeordnetenhaus (AH) und zu den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) stattfanden, haben diesen Eindruck bestätigt und sind als Indiz für eine fortdauernde OstWest-Teilung interpretiert worden. Wie peinlich, war doch seit der Öffnung der Mauer und der Prophezeiung, das nun zusammenwachse, was zusammengehöre, die Erwartung gehegt worden, daß nach der Vereinigung gerade in der neuen Bundeshauptstadt der Einheitsprozeß unter Laborbedingungen würde ablaufen können: In Berlin hatten bereits vor dem 3. Oktober 1990 Senat (West) und Magistrat (Ost) im Vorgriff auf die künftige gemeinsame Regierung den "Magisenat" gebildet; hier entstand rasch ein einheitlicher Arbeitsmarkt, wurde die Polizei im Osten aus dem Westen geführt und mit dem Personalaustausch zwischen den Verwaltungen begonnen.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.