Ausgabe Dezember 1995

Gleichstellung ohne Quote

Der Europäische Gerichtshof hat eine entscheidende Passage des Bremer Gleichstellungsgesetzes - daß im Falle gleicher Qualifikation Frauen bei Einstellungen und Beförderungen zu bevorzugen sind - als für Männer diskriminierend und damit für unwirksam erklärt. Viele jetzt Enttäuschte dürften darin nur ein weiteres Zeichen eines allgemeinen zeitgeistigen Backlash sehen, der Errungenschaften der 70er und 80er Jahre wieder Stück um Stück demontiert. Und daß sich auf der vielsitzigen Brüsseler Richterbank keine einzige Frau befand, ist sicher nicht geeignet, den Eindruck zu zerstreuen. Diese Niederlage hat aber auch eine positive Rückseite, weil dadurch Anstoß gegeben wird, das eingefahrene Konzept solcher Gleichstellungsgesetze kritisch zu überprüfen. Gerade in ihrem Kernbereich, die weibliche Teilhabe an Verdienst- und Aufstiegschancen zu verbessern, läßt sich dabei ein doppeltes Manko festzustellen: das der mangelnden Reichweite und das der nicht optimal gewälzten Mittel.

Dezember 1995

Sie haben etwa 12% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 88% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.