Ausgabe Februar 1995

Krieg im inneren Ausland

Zum historischen Hintergrund des Tschetschenien-Konflikts

Der vorliegende Artikel ist die Kurzform eines Berichtes, den der Autor im Oktober 1994 über die Auseinandersetzung zwischen der Russischen Föderation und der Republik Tschetschenien abgeschlossen hat. Er behandelt jene Phase der Eskalation im Verhältnis zwischen Moskau und Grosny, die als "covert action" oder "indirekte" Intervention Moskaus in Tschetschenien bezeichnet werden kann. Das Szenario der massiven militärischen Intervention wird darin nicht ausführlich behandelt. Bis November 1994 gingen die Aussagen fast aller maßgeblichen Politiker in Moskau hinsichtlich Tschetscheniens von der kategorischen Ausschließung dieser Handlungsvariante aus. Die politischen Aussagen zur Kaukasuspolitik Moskaus waren zwar auch damals keineswegs verläßlich in bezug auf Tschetschenienbetrieb die russische Regierung massive Desinformation -, aber hinter den Verzichtserklärungen in bezug auf die militärische Intervention stand unausgesprochen immer der Nachsatz: "Wir wären ja verrückt!" Die Auseinandersetzung mit Tschetschenien im innerrussischen Diskurs war 1994 von zwei historischen Stichworten begleitet, die erhebliche Vorbehalte gegen die "Gewaltvariante" signalisierten: "Afghanistankrieg" und "erster Kaukasuskrieg". Das Afghanistansyndrom steckt der russischen Gesellschaft und dem russischen Militär in den Knochen.

Februar 1995

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