Oder: Umrisse eines Anderthalbparteiensystems
Endlich, es wird wieder politisch. Bei den Grünen jedenfalls. Joschka Fischer packt den Stier gleich bei den Hörnern und das heiße Thema Verteilung an. Anders als vor drei Jahren Richard von Weizsäcker kommt er damit auf deutsche Titelblätter. "Finanzielle Verteilungsspielräume, von denen die Grünen... stets ausgegangen waren, werde es künftig nicht mehr geben, warnt Fischer seine Fraktion." (FAZ vom 20.9.1995, Seite 1).
Zwar hat der grüne Stratege das so gar nicht gesagt. Er könnte das Frankfurter Bankenblatt insofern mit Recht der Fälschung zeihen. Korrekt zitiert ist aber die Botschaft, "die demokratische Linke (müsse sich) fortan wesentlich mehr den Kopf darüber zerbrechen, wie das sozialstaatliche Verteilungsvolumen überhaupt erst wirtschaftlich erarbeitet werden kann." Daß dieser Satz, zumal aus grünem Munde, der FAZ besser gefallen hat als der Hinweis, allein das private Geldvermögen in Deutschland belaufe sich auf über 3 000 000 000 000 DM, verwundert nicht. Zumal jene Indiskretion, im deutschen Einigungsfieber, just dem Bundespräsidenten entfuhr. Die von diesem unter dem Aspekt einer Umverteilung ("innerdeutscher Lastenausgleich") ins Auge gefaßte Vermögensmasse wird übrigens zwei Jahre später auf über vier Billionen DM beziffert, hat sich also noch um ein Drittel vergrößert.