Akzeptanzprobleme des Bundesverfassungsgerichts
Auf den ersten Blick handelt es sich bei der massiven Kritik an der Kruzifix-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor allem um die PR-Strategie von CSU- und CDU-Politikern gegenüber einer tief verunsicherten Wählerklientel: Wo alles ins Schwimmen gerät, versprach wenigstens noch der althergebrachte Glaube, symbolisiert durch das allgegenwärtige Kruzifix, innerlichen Halt. Und dieses Symbol soll nun auf richterlichen Spruch hin aus dem öffentlichen Raum verbannt werden? Der Hinweis auf die Schlüssigkeit der Entscheidung im Hinblick auf die verfassungsmäßig gebotene Trennung von Staat und Kirche und den Schutz andersdenkender Minderheiten fruchtet da wenig. Es geht vielen der Kritiker nämlich nicht allein um diesen Beschluß, sondern um eine bestimmte Tendenz in der Rechtsprechung des höchsten deutschen Gerichts. Schon die Entscheidung zur Strafbarkeit des Tucholsky-Zitats "Soldaten sind Mörder!" löste im September 1994 Politikerurteile wie "linker Scheißdreck" sowie den Vorschlag aus, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts einer Kontrolle durch den Bundestag zu unterwerfen.