Die - euphemistisch ausgedrückt - Unzulänglichkeit gegenwärtiger europäischer Sicherheitsinstitutionen, -mechanismen und -strategien ist evident und bedarf keiner weiteren Begründung. Somit ist die Schaffung einer Sicheitsstruktur die den seit 1989/91 grundsätzlich veränderten politisch-strategischen Rahmenbedingungen in Europa entsprechen würde, eine der dringendsten und wichtigsten Aufgaben für alle europäischen Staaten und entsprechende internationale Organisationen. Das Ende der Ost-West Konfrontation hat eine historische, unwiederholbare Chance der Errichtung eines kooperativen Systems der gemeinsamen, alleuropäischen, politisch-militärischen, sozialwirtschaftlichen, humanitären und ökologischen Sicherheit eröffnet. Die gemäß der Pariser Charta 1990 reformierte und gestärkte KSZE/OSZE, in enger Zusammenarbeit mit solchen Organisationen wie der EU, WEU und der NATO, könnte angemessene Grundlage und Rahmen für die Bildung des erwähnten Systems sein. Diese Chance wurde aus verschiedenen subjektiven wie auch objektiven Gründen, vor allem wegen der tragischen Ereignisse von 1991, nicht voll genutzt. Sie unterliegt einer ständigen Erosion. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt eindeutig, daß militärische Mittel für die Lösung oder Bewältigung der vor Europa und der Welt stehenden Probleme, Krisen und Herausforderungen untauglich sind.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.