Ausgabe August 1996

De Gaulle adieu: Frankreichs neue Sicherheitspolitik

Der Erbe de Gaulles hat das getan, was niemand sonst in Frankreich hätte tun können, ohne einen mittleren Aufstand zu provozieren. Jacques Chirac hat die Pläne de Gaulles für eine eigenständige westeuropäische Militärstruktur - mit Frankreich und seiner Atomwaffe als Zentrum - endgültig ad acta gelegt. Kürzung der Ausgaben für Armee und Waffen, Verkleinerung der Rüstungsindustrie, Abschaffung der Wehrpflicht und schrittweise Rückkehr in die NATO, ja sogar Unterschrift unter die neue, noch geheime NATO-Doktrin MC 400/1 - unter einem Präsidenten Jospin wäre das nicht durchsetzbar. Trotz anderslautenden Aussagen im Wahlkampf hat sich Chirac den Vorgaben von kommender Währungsunion, Finanzkrise und steigendem Defizit im Haushalt gebeugt und die Konsequenzen gezogen. Die Zutaten für das magische Gebräu des Miraculix, der die Unabhängigkeit des gallischen Dorfes sicherte, sind zu teuer geworden. Ohne Zaubertrank aber keine siegreichen Touren von Asterix und Obelix. Für das Versprechen der Römer, es werde weiterhin Wildschwein und schöne Abenteuer überall auf der Welt geben, hat der Häuptling einen Pakt mit ihnen geschlossen. Frankreich beteiligt sich wieder an Gremien der NATO und erhält über die Combined Joint Task Forces (CJTF) Zugang zu den Mitteln für Interventionen. Die NATO hat Lufttransportkapazität, Logistik, Aufklärungsmittel.

August 1996

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