Anfang Dezember vergangenen Jahres ist in Berlin der Mitherausgeber der "Blätter" Gerhard Kade gestorben. Die intellektuelle und politische Landschaft Deutschlands ist um einen kritischen Geist und aufklärerischen Wissenschaftler ärmer geworden. Von seinem wissenschaftlichen Werdegang her ist Kade Ökonom mit traditioneller Ausbildung. Das Werk, mit dem er die Fachwelt schon früh einerseits beeindruckte, andererseits aber in nie verziehener Weise vor den Kopf stieß, war seine 1962 erschienene Habilitationsschrift über die "Grundannahmen der Preistheorie". Die dort vorgetragene Kritik an der Realitätsleere und dem tautologischen Charakter der mikroökonomischen Modelltheorie können als nach wie vor aktuelle und vernichtende Kritik an zeitgenössischen Nobelpreisträgern der Chicagoer Schule wie Milton Friedman oder Gary S. Becker gelesen werden. Sie schmerzte die Zunft umso mehr, als sie nicht aus den Reihen marxistischer oder sonstiger systemkritischer Theoretiker kam, sondern von einem gründlichen und auch formal brillant formulierenden bürgerlichen Ökonomen - der damit allerdings auch weitgehend zur persona non grata im etablierten Wissenschaftsbetrieb wurde.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.