Ausgabe Juni 1996

Brüning pur

Der Bonner Sparmarathon oder: Unerbitterliche Konsequenzen einer falschen Prognose

"Deutschland ist in der Tat das humoristischste Land von der Welt, aber ich versichere Ihnen, daß einiger Mut dazu gehört, um sein Publikum aufzusuchen. Jetzt schreiben! Wofür? Wenn die Weltgeschichte den Leuten die Hälse bricht, da ist die Feder überflüssig. Ja, während wir dem Grabe entgegen gehen, messen sich die großen Völker rings um uns herum in immer neuen Unternehmungen, in immer größeren Taten. Die Produktion der australischen Küsten ist in so kurzer Zeit so sehr gesteigert, daß schon jetzt die Wolle unsrer Antipoden das Produkt der adligen Schafzüchter im Herzen von Sachsen und Schlesien zu verdrängen anfängt. Mit jedem Tage rücken die russischen Eisenbahnen dem Baltischen und dem Schwarzen Meer näher; das Gold des Ural muß die Wege bahnen, auf denen bald der Bodenreichtum des Innern Rußlands nach allen Richtungen dringen wird, um in einer Konkurrenz auf Leben und Tod den deutschen Ackerbau zu vernichten. Was die Eisenbahnen auf dem Festlande zurechtbringen, vollendet seit der Abschaffung der englischen Navigationsakte die Ausdehnung der Segelschiffahrt auf allen Meeren, so daß bald die Produkte des Missisippi ebenso rasch und billig in unsern Häfen eintreffen werden wie die Produkte des eigenen Landes.

Juni 1996

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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