Seit Herbst 1996 wird in AStA-Büros, Sitzungsräumen von Hochschulgremien und auf hochschulpolitischen Tagungen geheimnisvoll ein vom vielfachen Fotokopieren körnig gewordenes Dokument herumgereicht. Das 28 Seiten starke Papier mit dem Titel "Hochschulen für das 21. Jahrhundert" enthält Vorschläge zur Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) -Verfasser: N.N. Das "Un-Papier", dessen Herkunft in der informierten Fachöffentlichkeit zwar offen kolportiert wird, von den anonymen Autoren aber tunlichst verschwiegen worden ist, um in aber Unverbindlichkeit die Reaktionen testen zu können, kommt aus dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF).
Die hochschulpolitische Öffentlichkeit arbeitet sich bereits an der Reformkonzeption des BMBF ab, ohne daß Bundesminister Jürgen Rüttgers (CDU) den Inhalt der Novellierungsabsichten seines Hauses nach Punkt und Komma autorisieren mußte. Das am 27. Januar 1976 in Kraft getretene HRG ist das Produkt einer auf halbem Wege steckengebliebenen Hochschulreform. Die Vision der geistigen Väter und Mütter der Gruppenhochschule 1) in den 60er Jahren, alle am Wissenschaftsprozeß mitwirkenden Gruppen bei der hochschulpolitischen Willensbildung gleichberechtigt zu beteiligen und unter dieser Voraussetzung eine umfassende Autonomie der Hochschulen zu gewährleisten, blieb dabei auf der Strecke.