Ausgabe Juli 1997

Deutsch-französische Dissonanzen

 Nach dem überraschend eindeutigen Ausgang der vorgezogenen Neuwahlen zur französischen Nationalversammlung wird in der deutschen Öffentlichkeit lebhaft die Frage erörtert, welche Folgen die Neuauflage der sogenannten Kohabitation - der politischen Zwangsgemeinschaft von Staatspräsident und Premierminister aus unterschiedlichen politischen Spektren - für die Zukunft der deutsch-französischen Partnerschaft haben wird. Institutionell gesehen, besteht kein besonderer Anlaß zur Besorgnis. Durch die im Elysée-Vertrag von 1963 vereinbarten regelmäßigen und zeitlich dicht gestaffelten Konsultationen auf allen Regierungsebenen ist die Kooperation zwischen diesen beiden ehemals verfeindeten Nationen zu einer fest etablierten Institution geworden, die ihre besondere Rolle im politischen Zentrum Europas unterstreicht. Wer im Elysée-Palast regiert, verfügt zudem nach der von Charles de Gaulle durchgesetzten Verfassung der Fünften Republik über eine ungewöhnliche Machtfülle. In seiner Person konzentriert sich die Staatsmacht, er bestimmt die Richtlinien der Politik und kann auch in die täglichen Regierungsgeschäfte eingreifen.

Beim jetzigen Amtsinhaber Jacques Chirac verspricht diese Konstellation ebenso Kontinuität im Verhältnis zu Deutschland wie unter seinem Amtsvorgänger Fran?ois Mitterrand.

Juli 1997

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema