Daß im Jemen am 27. April 1997, genau vier Jahre nach den ersten demokratischen Wahlen, ein neues Parlament gewählt werden würde, war nicht unbedingt das, was man im politischen und geographischen Kontext erwarten mußte. Die 1990 aus Nord- und Süd-Jemen (Arabische Republik Jemen und Demokratische Volksrepublik Jemen) entstandene Jemenitische Republik ist, von Kuwaits Minderheitendemokratie abgesehen, das einzige Land auf der arabischen Halbinsel, das ein pluralistisches System und ein gewähltes Parlament hat. Die politischen Eliten der beiden Jemen, die sich mit der Vereinigung auf Mehrparteiensystem und parlamentarische Kontrolle der Exekutive einigten, waren selbst alles andere als gelernte Demokraten, dennoch galten Demokratie und Pluralismus als Mittel zur friedlichen Konfliktbearbeitung und als Sicherung gegen die Auschaltung schwächerer politischer Gruppen. Die ersten Parlamentswahlen des vereinigten Jemen, 1993, wurden international auch positiv bewertet.
Dagegen waren die demokratischen Institutionen nicht stark genug, um den kurzen Bürgerkrieg zu verhindern, über den sich der Jemen im Frühjahr 1994 einmal mehr in zwei separate Staaten zu teilen drohte. Südliche Frustration über nördliche Dominanz und die Unfähigkeit beider Führungseliten zur Kooperation bauten sich bis zur militärischen Konfrontation und zum offenen Krieg auf.