Ausgabe Juni 1997

Großbritannien am Ende des konservativen Jahrhunderts

"The Conservative Century" nannten 1994 die britischen Politikwissenschaftler Anthony Seldon und Stuart Ball ihr Buch über die konservative Partei im 20. Jahrhundert. Der liberale Wahlsieg von 1906 und die Labour-Regierungen immerhin der 20er, 40er, 60er und 70er Jahre erscheinen in dieser Sicht allein als Ausnahmen von der Regel. Die Tories galten als die Partei der Macht, "the natural party of government". Vier Wahlen in Folge gewannen sie, beginnend mit dem Triumph von 1979 - nie hatte es dagegen die Labour Party auf zwei volle Legislaturperioden an der Regierung gebracht. Steht der Erdrutschsieg von "New Labour" nun für das Ende einer Ära? 1) Wird es Tony Blair gelingen, für mehr als fünf Jahre an der Regierung zu bleiben? Wie würde eine solche Dominanz der Labour Party die britische Politik prägen? Der 1. Mai 1997 war ein Tag der Rekorde in der britischen Politik. Noch nie hatte die Labour Party so viele Sitze, 418 MPs sind es im neuen Parlament, und noch nie im Zeitalter des Massenwahlrechts hatte die Konservative Partei so schlecht abgeschnitten. 2) Mit 31,4% unterbot sie ihr bislang schlechtestes Nachkriegsergebnis von Oktober 1974 (35,8%), als Edward Heath das Premierministeramt an Harold Wilson abgeben mußte. In Schottland und Wales gibt es nun keinen Tory-Abgeordneten mehr.

Juni 1997

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Patriotische Zivilgesellschaft: Das Vorfeld der AfD

von Sebastian Beer

Alice Weidel war genervt von der Geräuschkulisse während ihres Sommerinterviews Ende Juli in der ARD. Um das Gespräch mit der AfD-Vorsitzenden zu stören, hatten sich Aktivist:innen des Künstlerkollektivs Zentrum für Politische Schönheit unweit des TV-Studios versammelt und Musik abgespielt.

Ernst, aber nicht hoffnungslos

von Thorben Albrecht, Christian Krell

Spätestens seit Ralf Dahrendorfs berühmt gewordener These vom „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts“ gehören SPD-Niedergangsprognosen zu den Klassikern der parteibezogenen Publizistik. Die Partei hat diese Prognose bisher um 42 Jahre überlebt. Aber das konstituiert keine Ewigkeitsgarantie.