"The Conservative Century" nannten 1994 die britischen Politikwissenschaftler Anthony Seldon und Stuart Ball ihr Buch über die konservative Partei im 20. Jahrhundert. Der liberale Wahlsieg von 1906 und die Labour-Regierungen immerhin der 20er, 40er, 60er und 70er Jahre erscheinen in dieser Sicht allein als Ausnahmen von der Regel. Die Tories galten als die Partei der Macht, "the natural party of government". Vier Wahlen in Folge gewannen sie, beginnend mit dem Triumph von 1979 - nie hatte es dagegen die Labour Party auf zwei volle Legislaturperioden an der Regierung gebracht. Steht der Erdrutschsieg von "New Labour" nun für das Ende einer Ära? 1) Wird es Tony Blair gelingen, für mehr als fünf Jahre an der Regierung zu bleiben? Wie würde eine solche Dominanz der Labour Party die britische Politik prägen? Der 1. Mai 1997 war ein Tag der Rekorde in der britischen Politik. Noch nie hatte die Labour Party so viele Sitze, 418 MPs sind es im neuen Parlament, und noch nie im Zeitalter des Massenwahlrechts hatte die Konservative Partei so schlecht abgeschnitten. 2) Mit 31,4% unterbot sie ihr bislang schlechtestes Nachkriegsergebnis von Oktober 1974 (35,8%), als Edward Heath das Premierministeramt an Harold Wilson abgeben mußte. In Schottland und Wales gibt es nun keinen Tory-Abgeordneten mehr.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.