Ausgabe Dezember 1998

Resolution 1160 des UN-Sicherheitsrates vom 31. März 1998 (Wortlaut)

Resolution 1160 des UN-Sicherheitsrates vom 31. März 1998 (Wortlaut)

Der Sicherheitsrat,

mit Dank Kenntnis nehmend von den Erklärungen der Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens, der Russischen Föderation, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika (der Kontaktgruppe) vom 9. und 25. März 1998 (S/1998/223 und S/1998/272), einschließlich des Vorschlags über ein umfassendes Waffenembargo gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, einschließlich des Kosovo, mit Genugtuung über den Beschluß der Sondertagung des Ständigen Rates der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vom 11. März 1998 (S/1998/246), unter Verurteilung der Anwendung übermäßiger Gewalt durch die serbischen Polizeikräfte gegen Zivilpersonen und friedliche Demonstranten im Kosovo und ebenso aller Terrorakte der Kosovo-Befreiungsarmee oder jeder anderen Gruppe oder Einzelperson sowie jeder Unterstützung terroristischer Tätigkeiten im Kosovo aus dem Ausland, namentlich durch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln, Waffen und Ausbildung, Kenntnis nehmend von der Erklärung des Präsidenten der Republik Serbien vom 18. März 1998 zum politischen Prozeß im Kosovo und in der Metohija (S/1998/250), sowie davon Kenntnis nehmend, daß sich die führenden Vertreter der Volksgruppe der Kosovo-Albaner klar zur Gewaltlosigkeit bekennen, feststellend, daß bei der Durchführung der in der Erklärung der Kontaktgruppe vom 9. März 1998 genannten Maßnahmen einige Fortschritte erzielt wurden, doch betonend, daß weitere Fortschritte erforderlich sind, in Bekräftigung des Eintretens aller Mitgliedstaaten für die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien, tätig werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,

1. fordert die Bundesrepublik Jugoslawien auf, sofort alle weiteren Schritte zu ergreifen, die erforderlich sind, um eine politische Lösung der Kosovo-Frage im Wege des Dialogs herbeizuführen und die in den Erklärungen der Kontaktgruppe vom 9. und 25. März 1998 genannten Maßnahmen durchzuführen;

2. fordert außerdem die Führung der Kosovo-Albaner auf, alle terroristischen Handlungen zu verurteilen, und betont, daß alle Teile der Volksgruppe der Kosovo-Albaner ihre Ziele ausschließlich mit friedlichen Mitteln verfolgen müssen;

3. unterstreicht, daß der Weg zur Beendigung der Gewalt und des Terrorismus im Kosovo darin besteht, daß die Behörden in Belgrad der Volksgruppe der Kosovo-Albaner einen echten politischen Prozeß anbieten;

4. fordert die Behörden in Belgrad und die Führer der Volksgruppe der Kosovo-Albaner auf, unverzüglich und ohne Vorbedingungen einen sinnvollen Dialog über Fragen des politischen Status aufzunehmen, und stellt fest, daß die Kontaktgruppe bereit ist, einen solchen Dialog zu erleichtern;

5. stimmt, ohne den Ergebnissen dieses Dialogs vorzugreifen, dem in den Erklärungen der Kontaktgruppe vom 9. und 25. März 1998 enthaltenen Vorschlag zu, wonach die Grundsätze für eine Lösung des Kosovo-Problems auf der territorialen Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien beruhen und mit den Normen der OSZE, einschließlich den in der Schlußakte von Helsinki der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von 1975 festgelegten Normen, sowie mit der Charta der Vereinten Nationen im Einklang stehen sollen und wonach eine solche Lösung auch die Rechte der Kosovo-Albaner und aller im Kosovo lebenden Menschen berücksichtigen muß, und bekundet seine Unterstützung für einen verbesserten Status für den Kosovo, der auch ein erheblich größeres Maß an Autonomie und sinnvoller Selbstverwaltung miteinschließt;

6. begrüßt die am 23. März 1998 erfolgte Unterzeichnung einer Vereinbarung über Maßnahmen zur Durchführung des Abkommens über das Bildungswesen von 1996, fordert alle Parteien auf, dafür zu sorgen, daß seine Durchführung reibungslos und ohne Verzögerungen gemäß dem vereinbarten Zeitplan vorangeht, und bekundet seine Bereitschaft, Maßnahmen in Erwägung zu ziehen, falls eine der Parteien die Durchführung blockiert;

7. bekundet seine Unterstützung für die Anstrengungen der OSZE, eine friedliche Beilegung der Krise im Kosovo herbeizuführen, namentlich durch den Persönlichen Beauftragten des Amtierenden Vorsitzenden für die Bundesrepublik Jugoslawien, der gleichzeitig auch Sonderbeauftragter der Europäischen Union ist, sowie für die Rückkehr der Langzeitmissionen der OSZE;

8. beschließt, daß alle Staaten mit dem Ziel der Förderung des Friedens und der Stabilität im Kosovo den Verkauf oder die Lieferung von Rüstungsgütern und sonstigem Wehrmaterial jeder Art, einschließlich Waffen und Munition, militärischer Fahrzeuge und Ausrüstung sowie Ersatzteilen dafür, an die Bundesrepublik Jugoslawien, einschließlich des Kosovo, durch ihre Staatsangehörigen oder von ihrem Hoheitsgebiet aus oder unter Benutzung von ihre Flagge führenden Schiffen oder Luftfahrzeugen verhindern und die Bereitstellung von Waffen und Ausbildung für terroristische Tätigkeiten in diesem Gebiet verhindern werden;

9. beschließt, gemäß Regel 28 seiner vorläufigen Geschäftsordnung einen aus sämtlichen Ratsmitgliedern bestehenden Ausschuß des Sicherheitsrats einzusetzen, mit dem Auftrag, die nachstehenden Aufgaben wahrzunehmen, dem Rat über seine Arbeit Bericht zu erstatten und Bemerkungen und Empfehlungen dazu vorzulegen: a) Einholung von Informationen von allen Staaten über die Maßnahmen, die sie zur wirksamen Anwendung der mit dieser Resolution verhängten Verbote ergriffen haben; b) Prüfung etwaiger ihm von einem Staat zur Kenntnis gebrachter Informationen über Verstöße gegen die mit dieser Resolution verhängten Verbote und Empfehlung angemessener Maßnahmen als Antwort auf diese Verstöße; c) regelmäßige Berichterstattung an den Sicherheitsrat über die dem Ausschuß vorgelegten Informationen betreffend angebliche Verstöße gegen die mit dieser Resolution verhängten Verbote; d) Erlaß aller Richtlinien, die zur Erleichterung der Anwendung der mit dieser Resolution verhängten Verbote notwendig sind; e) Prüfung der gemäß Ziffer 12 vorgelegten Berichte;

10. fordert alle Staaten und alle internationalen und regionalen Organisationen auf, ungeachtet etwaiger Rechte oder Pflichten aus einer internationalen Übereinkunft, einem Vertrag oder einer Lizenz oder Genehmigung, die zeitlich vor dem Inkrafttreten der mit dieser Resolution verhängten Verbote liegen, streng im Einklang mit dieser Resolution zu handeln, und betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, daß das am 14. Juni 1996 in Florenz unterzeichnete Übereinkommen über die subregionale Rüstungskontrolle weiter angewandt wird;

11. ersucht den Generalsekretär, dem Ausschuß nach Ziffer 9 jede erforderliche Unterstützung zu gewähren und im Sekretariat die dafür erforderlichen Vorkehrungen zu treffen; 12. ersucht die Staaten, dem Ausschuß nach Ziffer 9 binnen 30 Tagen nach der Verabschiedung dieser Resolution über die Maßnahmen Bericht zu erstatten, die sie ergriffen haben, um den mit dieser Resolution verhängten Verboten Wirksamkeit zu verleihen;

13. bittet die OSZE, den Generalsekretär über die Situation im Kosovo und die von ihr in dieser Hinsicht ergriffenen Maßnahmen unterrichtet zu halten;

14. ersucht den Generalsekretär, den Rat regelmäßig unterrichtet zu halten und ihm spätestens 30 Tage nach der Verabschiedung dieser Resolution und danach alle 30 Tage über die Situation im Kosovo und die Durchführung dieser Resolution Bericht zu erstatten;

15. ersucht den Generalsekretär ferner, im Benehmen mit den zuständigen Regionalorganisationen in seinen ersten Bericht Empfehlungen betreffend die Einführung umfassender Regelungen zur Überwachung der Anwendung der mit dieser Resolution verhängten Verbote aufzunehmen, und fordert alle Staaten, insbesondere die Nachbarstaaten, dazu auf, in dieser Hinsicht voll zu kooperieren;

16. beschließt, die Situation auf der Grundlage der Berichte des Generalsekretärs, die unter anderem auch die Beurteilung der Lage durch die Kontaktgruppe, die OSZE und die Europäische Union berücksichtigen werden, erneut zu prüfen, und beschließt außerdem, sich erneut mit den mit dieser Resolution verhängten Verboten, namentlich auch mit Maßnahmen zu ihrer Beendigung, zu befassen, sobald er vom Generalsekretär eine Lagebeurteilung erhalten hat, aus der hervorgeht, daß die Regierung der Bundesrepublik Jugoslawien in konstruktiver Zusammenarbeit mit der Kontaktgruppe a) einen sachorientierten Dialog im Einklang mit Ziffer 4 begonnen hat, an dem auch ein oder mehrere Vertreter unbeteiligter Parteien teilnehmen, es sei denn, das Ausbleiben eines solchen Dialogs ist nicht auf die Haltung der Bundesrepublik Jugoslawien oder der serbischen Behörden zurückzuführen; b) die Einheiten der Sonderpolizei abgezogen und das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Zivilbevölkerung eingestellt hat; c) den humanitären Organisationen sowie den Vertretern der Kontaktgruppe und anderen Abgesandten den Zugang zum Kosovo gestattet hat; d) einer Mission des Persönlichen Beauftragten des Amtierenden Vorsitzenden der OSZE für die Bundesrepublik Jugoslawien zugestimmt hat, die auch den neuen ausdrücklichen Auftrag hätte, sich mit den Problemen im Kosovo zu befassen, und außerdem der Rückkehr der Langzeitmissionen der OSZE zugestimmt hat; e) eine Mission des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte in das Kosovo erleichtert hat;

17. fordert die Anklagebehörde bei dem nach Resolution 827 (1993) vom 25. Mai 1993 geschaffenen Internationalen Gericht nachdrücklich auf, mit der Sammlung von Informationen im Zusammenhang mit den Gewalttätigkeiten im Kosovo zu beginnen, die unter ihre Zuständigkeit fallen könnten, und stellt fest, daß die Behörden der Bundesrepublik Jugoslawien verpflichtet sind, mit dem Gericht zusammenzuarbeiten, und daß die der Kontaktgruppe angehörenden Länder dem Gericht in ihrem Besitz befindliche erwiesene sachdienliche Informationen zur Verfügung stellen werden;

18. bekräftigt, daß konkrete Fortschritte bei der Lösung der ernsten politischen und menschenrechtlichen Fragen im Kosovo die internationale Stellung der Bundesrepublik Jugoslawien und die Aussichten auf eine Normalisierung ihrer internationalen Beziehungen und ihre volle Mitwirkung in den internationalen Institutionen verbessern werden;

19. betont, daß im Falle des Ausbleibens konstruktiver Fortschritte in Richtung auf eine friedliche Lösung der Situation im Kosovo weitere Maßnahmen erwogen werden;

20. beschließt, mit der Angelegenheit befaßt zu bleiben.

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