1.12. - E U. Die Europäische Union begrüßt in einer Erklärung das Inkrafttreten des Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation. Dieses im Juni 1994 auf Korfu unterzeichnete Abkommen (vgl. "Blätter", 8/1994, S. 904 f.) stelle "ein historisches Ereignis" und "eine qualitativ neue Etappe" in den gegenseitigen Beziehungen dar und bestätige "die Einbindung Rußlands in die europäische Familie". - Am 4.12. setzt sich das Europäische Parlament in einer in Straßburg verabschiedeten Erklärung für die gleichzeitige Aufnahme von Verhandlungen mit allen Beitrittskandidaten, ausgenommen die Slowakei, ein (vgl. "Blätter", 1/1998, S. 6). Es dürfe nicht zu einer neuen Trennungslinie in Europa kommen. - Vom 12.-13.12. findet zum Abschluß der luxemburgischen Ratspräsidentschaft in Luxemburg der traditionelle EU-Gipfel statt. Im Mittelpunkt steht die Vorbereitung des "Erweiterungsprozesses" der Europäischen Union, der im Frühjahr 1998 beginnen soll. Wegen der Entscheidung der Union, die Türkei zunächst nicht in den Kreis der elf Beitrittskandidaten aufzunehmen, kommt es zu einer Kontroverse mit der Regierung im Ankara. Nach einem Treffen mit dem türkischen Außenminister Cem erklärt der für die Außenbeziehungen zuständige niederländische EU-Kommissar van den Brock, beide Seiten brauchten eine gewiße Zeit der Ruhe, damit sich der aufgewirbelte Staub wieder legen könne.
2.12. - N A T O. Die Verteidigungsminister der Allianz einigen sich auf einer Zusammenkunft in Brüssel auf eine neue Kommandostruktur, die statt der bisherigen 65 künftig nur 20 regionale Hauptquartiere vorsieht. In einem Kommuniqué befürworten die Minister eine Verlängerung des SFOR-Mandats im ehemaligen Jugoslawien über den bisher festgelegten Zeitpunkt (Juni 1998) hinaus sowie die Beibehaltung der Truppenstärke von gegenwärtig 34 000 Soldaten. - Am 16.12. werden im Rahmen einer feierlichen Zeremonie am Rande einer Außenministerkonferenz im Brüssel drei gleichlautende Protokolle (Protocol on the Accession) über den Beitritt Polens, Tschechiens und Ungarns zum Nordatlantikvertrag vom 4. April 1949 unterzeichnet. Die Protokolle treten in Kraft, "wenn jede der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika die Annahme ... notifiziert hat". Anschließend wird der NATO-Generalsekretär den drei betreffenden Regierungen "eine Einladung" übermitteln, "dem Nordatlantikvertrag beizutreten" und ihre Beitrittsurkunde in Washington zu hinterlegen. Die amerikanische Außenministerin Albright erklärt in einer Rede, auch künftig gehe es darum, "die Türen der NATO immer für neue Mitglieder offen zu halten und den Dialog mit den Nationen zu intensivieren, "die eine Mitgliedschaft anstreben". - Am 17.12. teilt der russische Außenminister Primakow nach einer Sitzung des NATO Rußlandrates in Brüssel mit, sein Land werde sich an den von der Allianz geführten Verbänden in Bosnien beteiligen, die im kommenden Jahr die SFOR-Truppen ablösen sollen.
S c h w e d e n / R u ß l a n d. Der russische Präsident Jelzin trifft zu eine dreitägigen Staatsbesuch in Stockholm ein. Jelzin konferiert mit Ministerpräsident Göran Persson und wird von König Carl Gustaf empfangen. Vor der Presse und in einer Rede vor dem schwedischen Reichstag kündigt Jelzin eine weitere Reduzierung der russischen Streitkräfte sowie zusätzliche Abrüstungsinitiativen an.
2.-4.12. - G r o ß b r i t a n n i e n. Vertreter von Regierungen, Staatsbanken und Holocaust Opfern aus 41 Ländern versuchen auf einer Konferenz in London, Herkunft und Verbleib des von den Nationalsozialisten aus ganz Europa zusammengetragenen Raubgolds aufzuklären. Die Konferenz wurde von Großbritannien einberufen, zusammen mit Frankreich und den USA Mitglied der nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1946 eingesetzten Dreier-Goldkommission (Tripartite Gold Commission/TGC). Auf der Konferenz wird auch über die Forderung nach Kompensationszahlungen und Entschädigung verhandelt. Verschiedene Organisationen verlangen die Offenlegung aller Dokumente durch die beteiligten Staaten.
3.12. - U N O. Die in New York tagende Generalversammlung wählt Bundesminister Klaus Töpfer (CDU) für fünf Jahre zum Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Environment Programme/UNEP) mit Sitz in Nairobi (Kenia). Töpfer, Bundesumweltminister von 1985 bis 1994 und seit 1994 Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, wird sein neues Amt am 1. Februar 1998 antreten. - Am 15.12. verabschiedet die Generalversammlung einstimmig eine Konvention über die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus. Die Konvention, die aus 24 Artikeln besteht und vom 12. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 1999 zur Unterzeichnung aufgelegt werden soll, definiert Terroranschläge als ungesetzliche und geplante Explosionen eines Sprengstoffs "oder eines anderen Mittels" an öffentlichen Orten. Die künftigen Teilnehmerstaaten der Konvention werden aufgefordert, sich bei Ermittlungen gegen Attentäter und deren Auslieferung gegenseitig "größtmögliche Unterstützung" zu leisten. Am 22.12. beschließt die Generalversammlung, die geltende Beitragstabelle ("Scale of Assessments") zu überprüfen. Dabei geht es vor allem um die Forderung der USA, ihren Anteil am Budget von bisher 25% auf 22 bzw. 20% zu verringern.
3.-4.12. - A b r ü s t u n g. Regierungsvertreter aus 120 Staaten, darunter die Bundesrepublik, unterzeichnen in der kanadischen Hauptstadt das im Rahmen des "Ottawa-Prozesses" ausgearbeitete "Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung" (Convention on the Prohibition of the Use, Stockpiling, Production and Transfer of Anti-Personnel Mines and on Their Destruction; vgl. "Blätter", 11/1997, S. 1284). Zu den Nichtunterzeichnern gehören neben China, Rußland und den USA auch Finnland, Kuba, die Türkei, Indien und Pakistan, die beiden Korea, Vietnam sowie die Mehrzahl der Staaten des Nahen Ostens.
5.12. - N a h e r O s t e n. Die amerikanische Außenministerin Albright führt in Paris ein Gespräch mit dem israelischen Regierungschef Netanyahu; Einzelheiten werden nicht bekannt. Netanyahu hatte nach einer Zusammenkunft mit dem französischen Premierminister Jospin und Außenminister Vedrine angedeutet, sein Kabinett benötige noch mehrere Wochen, um die Details eines weiteren israelischen Rückzuges aus dem Westjordanland auszuarbeiten. Frau Albright trifft am 6.12. in Genf mit Palästinenserpräsident Arafat zusammen und kehrt anschließend nach Paris zurück, um Netanyahu zu unterrichten. - Am 7.12. erklärt der ehemalige israelische Ministerpräsident Perez vor Mitgliedern der oppositionellen Arbeitspartei, der jüdische Staat könne nicht die wirtschaftliche und soziale Verantwortung für drei Millionen Araber übernehmen und müsse daher die Schaffung eines Palästinenserstaates akzeptieren. Ohne einen Verzicht auf die Golan Höhen sei Frieden mit Syrien nicht zu haben. In Presseberichten heißt es, Perez habe sich damit zum ersten Mal deutlich für einen Palästinenserstaat ausgesprochen, den der regierende Likud noch immer ablehne. - Am 18.12. konferiert Frau Albright erneut mit Netanyahu in Paris und mit Arafat in London. - Am 27.12. teilt ein Sprecher der Palästinenser in Ramallah mit, Präsident Arafat werde bei seinen bevorstehenden Gesprächen mit Präsident Clinton in Washington vorschlagen, eine internationale Friedenstruppe in das Westjordanland zu entsenden. Diese Truppe solle vor allem in den Bezirken patrouillieren, die Israel als besonders wichtig für die eigene nationale Sicherheit ansehe. Arafat habe seinen Plan bereits mit Außenministerin Albright besprochen. Die israelische Regierung bezeichnet den Vorschlag Arafats als "Blindgänger". Am 28.12. kündigt der norwegische Außenminister Knut Volleback in einer Fernsehsendung an, er werde sich auf Bitten von Israeli und Palästinensern um eine Wiederbelebung des Friedensprozesses bemühen und zu diesem Zweck schon in Kürze in den Nahen Osten reisen.
9.12. - K o r e a. Nach Vorverhandlungen in New York beginnen 44 Jahre nach dem Ende des Korea-Krieges (Waffenstillstand von 1953) in Genf die ersten Vier-Parteien-Gespräche über eine Friedenslösung für die koreanische Halbinsel. Teilnehmer sind die Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea), die Republik Korea (Südkorea), die USA und die Volksrepublik China. Zunächst geht es um die Aufstellung einer Tagesordnung.
9.-10.12. - J u g o s l a w i e n. Die Vertreter der 51 Staaten des Friedens-Implementierungsrates (Peace Implementation Council) ziehen auf dem Petersberg bei Bonn eine Bilanz des Friedensprozesses für Bosnien-Herzegowina. Aus Protest gegen die Behandlung des Kossovo-Problems in der Abschlußerklärung verläßt die serbische Seite vorzeitig den Konferenzort. Die Lage in der vorwiegend von Albanern bewohnten jugoslawischen Provinz Kossovo wird von der Delegation der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) als eine innere Angelegenheit bezeichnet. Der BosnienKoordinator Westendorp erhält von den Konferenzteilnehmern zusätzliche Kompetenzen. - Am 16.12. macht Westendorp erstmals von seinen erweiterten Vollmachten Gebrauch und setzt zum 1. Januar 1998 ein Gesetz zur Staatsbürgerschaft in Kraft, über das die drei bosnischen Volksgruppen keine Einigung erzielt hatten. - Am 17.12. verhaftet eine Spezialeinheit der SFOR in Bosnien zwei als Kriegsverbrecher verdächtigte Kroaten, die noch am gleichen Tage an das Jugoslawien-Tribunal in Den Haag überstellt werden. - Am 29.12. legt Milan Milutinovic (Sozialistische Partei) vor dem Parlament der jugoslawischen Teilrepublik Serbien den Amtseid als neuer serbischer Präsident ab. Milutinovic, bisher Außenminister der Bundesrepublik Jugoslawien, war nach vier landesweiten Wahlgängen (letzter Wahlgang am 21.12.) zum Sieger erklärt worden. Die Opposition spricht von Wahlbetrug.
11.12. - G r o ß b r i t a n n i e n / I r l a n d. Der britische Premierminister Blair empfängt in seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street den Führer der Partei Sinn Fein, Gerry Adams. Der nordirische Politiker, der anschließend allein vor die Presse tritt, bezeichnet die Begegnung mit Blair als einen historischen Augenblick. Er habe dargelegt, daß Sinn Fein am Ziel eines vereinigten Irlands festhalte. Die britische Herrschaft in Ulster müsse zu einem Ende kommen.
16.12. - I r a k. Der Leiter für die Rüstungskontroll-Kommission der Vereinten Nationen im Irak (UNSCOM; vgl. "Blätter", 1/1998, S. 3 f.), der australische Diplomat Butler, berichtet vor Journalisten über seine Gespräche mit der irakischen Regierung (12.-16.12.), die weitgehend negativ verlaufen seien. In Presseberichten heißt es, der Irak unterscheide zwischen drei Arten von Anlagen: den Präsidialresidenzen, die völlig tabu seien, den "heiklen" Installationen der Staatssicherheit, die nur unter bestimmten Auflagen zugänglich sein sollten sowie den übrigen Militär-, Industrie- und Forschungseinrichtungen, die UNSCOM nach Belieben inspizieren könne. Butler kündigt für Januar 1998 einen weiteren Besuch in Bagdad an.
18.-19.12. - O S Z E. Unter dem Vorsitz Dänemarks findet in Kopenhagen das 6. Treffen des Ministerrates der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) statt. Die Konferenz verabschiedet "Leitlinien für ein OSZE-Charta-Dokument über europäische Sicherheit" und bestätigt die Mandate eines Beauftragten für Medienfreiheit sowie eines Koordinators für ökonomische und ökologische Aktivitäten. Erster OSZE-Medienbeauftragter wird der SPD-Bundestagsabgeordnete Freimut Duve. Nach Dänemark im laufenden Jahr übernimmt Polen den Vorsitz für 1998, für 1999 ist Norwegen vorgesehen.
19.12. - R u ß l a n d. Verteidigungsminister Sergejew kündigt während eines Besuches im benachbarten Weißrußland (Belarus) die Indienststellung einer neuen Atomrakete an, die zum Rückgrat der strategischen Streitkräfte werden solle. Die Aufstellung der Interkontinentalrakete Topol-M sei Teil der Modernisierung des russischen Kernwaffenarsenals.
20.12. - S ü d a f r i k a. Mit der Übergabe des Parteivorsitzes durch Nelson Mandela an Vizepräsident Thabo Mbeki wird der Parteitag des Afrikanischen Nationalkongresses (African National Congress/ANC) in Mafikeng beendet. Mandela hatte in seiner Eröffnungsrede am 16.12. heftige Kritik an den Vertretern der weißen Minderheit geübt, die sich stets gegen Maßnahmen zum Ausgleich zwischen den Rassen gewandt und versucht hätten, den demokratischen Umbau der südafrikanischen Gesellschaft systematisch zu hintertreiben, um ihre alten Privilegien zu bewahren. Mandela kündigt an, er werde im kommenden Jahr weitere Aufgaben an Mbeki übertragen.
29.12. - T s c h e c h i e n / B R D. Der tschechische Außenminister Jaroslav Sedivy und der deutsche Botschafter Anton Roßbach tauschen in Prag diplomatische Noten über die Gründung eines gemeinsamen "Zukunftsfonds" und eines Gesprächsforums aus, wie sie in Punkt VII und VIII der "Deutsch-Tschechischen Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung" vom 21. Januar 1997 (Text in "Blätter", 2/1997, S. 247 ff., zur Unterzeichnung vgl. "BIätter", 3/1997, S. 262) vorgesehen sind. Die Bundesregierung wird in diesen Fonds in den nächsten Jahren 140 Mio. DM einzahlen, die tschechische Regierung 440 Mio. Kronen (rund 25 Mio. DM). Das Geld soll den noch lebenden Nazi-Opfern in Tschechien sowie Projekten zur Förderung gegenseitiger Begegnungen zugute kommen. In Presseberichten heißt es, über die bis zuletzt umstrittene personelle Zusammensetzung des paritätischen Verwaltungsrats des Fonds (je vier Mitglieder) werde erst später entschieden.