"Der Aufschwung kommt" - mit dieser Parole hat Helmut Kohl schon manche Wahlschlacht gewonnen. Da fruchtet der Hinweis wenig, daß das konjunkturelle Auf und Ab eine der wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus ist und mit der jeweiligen Regierung wenig zu tun hat und daß zudem jedem Aufschwung ein Abschwung folgt. Politisch ist allerdings wichtig, daß auch bei einer wirtschaftlich und sozial eher tristen Gesamtkonstellation selbst ein schwacher konjunktureller Aufschwung eine zeitweilige Entlastung mit sich zu bringen pflegt - ohne daß die Grundkonstellation dadurch dauerhaft verbessert wird. Die wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Halbjahr 1997 und vor allem die Prognosen für 1998 lassen eine günstige Konjunkturkonstellation für den Wahlkampf des amtierenden Bundeskanzlers erwarten.
Allerdings ist dieses Mal durchaus zweifelhaft, ob die Belebung ausreichen wird, um den aktuellen Problemdruck (Arbeitsmarkt, Staatsfinanzen, Sozialversicherungen, Steuerdruck, um die wichtigsten zu nennen) auch nur vorübergehend zu mindern. Der laufende Konjunkturzyklus begann im Jahre 1993 mit einer Konjunkturkrise, die, gemessen an der Entwicklung der Produktion, eine der tiefsten in der Geschichte der Bundesrepublik war: Das Bruttoinlandsprodukt ging um 1,2% zurück (1975: - 1,4%). Die Industrieproduktion sackte um fast 8% ab, die Ausrüstungsinvestitionen um mehr als 14%.