Ausgabe Januar 1998

Für die USA ist der Irak völlig gleichgültig

Wer gegen Saddam Hussein "irgendwas tun" möchte, stößt sofort auf das Problem, daß keine der gegenwärtig vorstellbaren Maßnahmen greift. Mehr als hinreichend hat der Präsident des Irak demonstriert, daß weder Sanktionen, die seinem Volk großen Schaden zugefügt haben, noch Bomben- und Raketenangriffe ihn zum Nachgeben zwingen werden. Er hat zwei verheerende Kriege überlebt. Der Konflikt mit dem Iran war einer der schrecklichsten des zwanzigsten Jahrhunderts, und der Golfkrieg mit den USA und ihren Alliierten konnte seiner Macht nicht dauerhaft schaden. Inzwischen hat Saddam Hussein von Amerika finanzierte oder unterstützte Oppositionsgruppen zerschlagen und militärische Verschwörungen pariert.

Was auch immer die Regierung der Vereinigten Staaten über den Irak sagt, dem Kongreß steht der Sinn nicht nach einem weiteren echten Krieg mit diesem Staat. Von Amateurstrategen in Washington und New York geforderte neuerliche Bomben- oder Raketenangriffe aus der Distanz, die Saddam töten und seine militärischen Anlagen zerstören sollen, bieten keine ernsthaften Aussichten, die irakische Politik zum Besseren zu verändern. Mag Mr. Hussein von Ehrgeiz, Überlebenswillen oder Größenwahn gelenkt werden, seine Politik wurzelt in der irakischen Geschichte und im Nationalismus. Sie ist zudem Ausdruck von Verfolgungswahn und Ignoranz.

Januar 1998

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