Minderheiten werden ungerecht behandelt, werden mißbraucht und benutzt und leiden an der Dummheit und den Vorurteilen der Mehrheit. Das sind schlichte Erkenntnisse, den Grünen bestens vertraut, denn der Schutz von Minderheiten lag ihnen immer am Herzen. In diesem Wahlsommer aber traf sie das Unglück mit der Wucht des Unvorgesehenen: Sie selbst sind eine Minderheitspartei, sie werden als eine solche vorgeführt, und weil niemand darüber mehr überrascht ist als die Grünen selbst, reagieren sie nicht mit Würde, Leidenschaft und Humor, sondern gekränkt und hilflos. Einem Menschen gleich, der mit plötzlichem Liebesentzug konfrontiert alles falsch macht, darunter das schlimmste: sich anbiedern. Unter den künstlichen Aufgeregtheiten der Mediendebatte sticht ein Mißverständnis hervor, das zunächst skurril wirkt, aber auf zweiten Blick durch seinen anti-demokratischen Furor bedrückt: Eine politische Forderung der Grünen gilt nur als akzeptabel, wenn sie mit der Zustimmung einer Wählermehrheit rechnen kann.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.