nternationales Recht löst die nationalstaatlichen Grenzen der Welt auf. Diese Entwicklung hat spätestens mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges begonnen und im Kosovo-Krieg ihren vorläufigen Höhepunkt gewonnen. Mit den Nürnberger Prozessen wurde das Prinzip eingeführt, daß Regierungen, die Regierte mißhandeln, vor einem internationalen Gerichtshof angeklagt und verurteilt werden können. Im Jahre 1948 haben die Vereinten Nationen die Erklärung universeller Menschenrechte verabschiedet. Viele Staaten schlossen sich der Genfer Konvention an, mit der sie sich verpflichten, aktiv gegen Völkermord überall in der Welt vorzugehen. Diese Gesetze und Verträge konnten so lange nicht umgesetzt werden, wie die Politik des Kalten Krieges es verhinderte. Im Jahre 1998 unterzeichneten 120 Nationen, nicht die USA, einen Vertrag zur Errichtung eines Internationalen Gerichtshofes - einmal mehr triumphierte internationales Recht über nationale Souveränität. Vielleicht kann man sogar sagen: Die wirtschaftsmächtigen G7-Staaten bilden eine Art embryonaler Weltregierung.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.