Zur geschichtspolitischen Bedeutung und zur wissenschaftlichen Tragfähigkeit
Rote-Socken- (1994) und Rote-Hände-Kampagnen (1998), aber nicht minder die Debatte um das "Schwarzbuch des Kommunismus" mitten im Wahljahr haben gezeigt, daß es für Rechte und Linke - auch für die "Neue Mitte" - keineswegs belanglos ist, ob etwas daran ist an der These von der Wesensgleichheit faschistischer und kommunistischer Gesellschaftssysteme. Nach 1989/91 stellt sich die Geschichte dieses Jahrhunderts natürlich in mancherlei Hinsicht anders dar. Und sie wird anders dargestellt: Schlüsselbegriffe der Totalitarismustheorie erfahren seit Beginn der 90er Jahre in Politik, Publizistik und Wissenschaft eine Renaissance. Berge von Akten harren der Erforschung - und liegen bereit für Versuche des rechten Lagers, die alten antikommunistischen Ressourcen des eigenen Erfolgs zu revitalisieren. Die Versuche zielen zum einen auf eine SPD, die 1990 nicht schnell genug ihren programmatischen Anspruch eines "demokratischen Sozialismus" loswerden konnte: Sie soll in die Nähe eines extremistischen oder totalitären Lagers gerückt oder diesem selbst zugeschlagen werden. Sie zielen zum anderen darauf, alle politischen Vorstellungen links von der SPD zu diskreditieren. Dies gilt nicht weniger, wenn im Umfeld der Sozialdemokratie selbst Totalitarismuskonzepte "entdeckt" und benutzt werden.