Ausgabe Januar 1999

Eine Wende in der Rußlandpolitik?

In Moskau geht die Ära Jelzin zu Ende. Nach der Sommerkrise ist Boris Jelzin nur noch ein kränkelnder Mann, der, wenn es gut läuft, noch die Aufgabe erfüllt, den Übergang zum nächsten Präsidenten vorzubereiten. Die politische Tagesordnung erledigt derweil Jewgeni Primakow. Wer immer Boris Jelzins Nachfolger sein wird, eins wird auf jeden Fall für ihn gelten: Er wird mehr auf die russischen Regionen hören müssen. Die Krise des Präsidenten ist zugleich auch die Krise des Moskauer Zentralismus oder - positiv formuliert - Ausdruck gewachsener Bedeutung der russischen Regionen. Das Ende der Ara Jelzin ist zugleich ein Wendepunkt bisheriger westlicher Rußlandhilfe. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist wegen seiner Mißerfolge selbst in den eigenen Reihen in die Kritik gekommen; in Bonn ist der Machtwechsel vollzogen: Statt Helmut Kohl bestimmt nun Gerhard Schröder die Richtlinien der Politik, auch der Außenpolitik - statt eines Klaus Kinkel wird ein Josef Fischer sie ausführen. Daß Boris Jelzin nach Alexander Lebed, Gennadij Sjuganow und einer Reihe anderer Politiker als letzter auf seiner Besuchsliste stand, damit setzte der neue Bundeskanzler bei seinem Antrittsbesuch in Moskau ein Zeichen.

Januar 1999

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Globales Elend und die Diktatur der Superreichen

von Ute Scheub

Sie düsen in Privatjets um die Welt, um Immobilien und Konzernketten an sich zu reißen. Sie kaufen ganze Landschaften und Inseln, um sich dort im größten Luxus abzukapseln. Sie übernehmen Massenmedien, um sich selbst zu verherrlichen und gegen Arme und Geflüchtete zu hetzen.

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Mythos grüne Digitalisierung

von Ingo Dachwitz, Sven Hilbig

Der Klang der Zukunft ist ein leises, elektrisches Dröhnen, das in den Knochen vibriert. Hier im Rechenzentrum herrscht niemals Stille. Es ist erfüllt von einem monotonen Chor mechanischer Flüstertöne.

Eigennutz statt Solidarität

von Klaus Seitz

Etwa eine Milliarde Euro weniger als im vergangenen Jahr steht dem Bundesentwicklungsministerium 2025 zur Verfügung. Doch nicht nur der Spardruck macht der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, auch die strategische Neuausrichtung gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit.