Zur Außenpolitik der Berliner Republik
I
Das hervorstechendste Merkmal deutscher Außenpolitik nach 1990 war die Kontinuität der Kontinuitätsrhetorik. Helmut Kohl hatte sie nach der gewonnenen Bundestagswahl im Dezember 1990 genauso eingesetzt wie Gerhard Schröder nach seinem Sieg im vergangenen Herbst. Mochte sich die Republik im Innern auch noch so sehr ändern, mochte sich ihr äußeres Umfeld dramatisch verschieben - die Grundkonstanten deutscher Außenpolitik, sie sollten dieselben bleiben. Politisch war diese Kontinuitätsrhetorik nur allzu verständlich, denn angesichts der Erfolgsgeschichte bundesrepublikanischer Außenpolitik auf der einen sowie deutlicher Sorgen im Ausland auf der anderen Seite, daß es damit nach der Vereinigung 1990 bzw. dem Regierungswechsel 1998 vorbei sein könnte, sprach in beiden Situationen alles dafür, eine Fortsetzung des Alten selbst dann zu beschwören, als vieles sich änderte. Die Rede von der Kontinuität bundesdeutscher Außenpolitik hatte zudem innen wie außen eine dankbare Zuhörerschaft, denn sie handelte von einer guten alten Zeit: der "Beschaulichkeit" und "Bescheidenheit" der alten Bundesrepublik, die man heute als "Bonner Republik" fast schon in der historischen Nähe der "Weimarer Republik" wiederfindet.