Das Strategische Konzept der NATO und die Lehren des Krieges
Auf ihrem Gipfel in Washington am 23. und 24. April 1999 beschloß die NATO ein neues Strategisches Konzept. Damit wurden die Grundsätze der Ziel- und Aufgabenbestimmung sowie des künftigen operativen Agierens der Allianz festgelegt. Die Verabschiedung erfolgte zu einem denkwürdigen Zeitpunkt: Die Zusammenkunft in der US-Hauptstadt war die Jubiläumsveranstaltung des Bündnisses anläßlich seines 50jährigen Bestehens und - ein Kriegsgipfel. Exakt einen Monat zuvor hatte die Allianz den ersten bewaffneten Konflikt in ihrer Geschichte begonnen, um die Führung der Bundesrepublik Jugoslawien (BRJ) zur Erfüllung humanitärer und politischer Forderungen zu zwingen. Im zeitgeschichtlichen Kontext betrachtet, ist die Koinzidenz keineswegs zufällig. Das Engagement der NATO in Kosovo hängt unmittelbar mit der neuen strategischen Ausrichtung der Allianz zusammen, d.h. mit der veränderten Funktionsbestimmung und der neuen Rollenzuweisung, die sich das Bündnis in den 90er Jahren gegeben hat. Insofern gilt das Vorgehen in der Kosovo-Krise nicht wenigen als paradigmatisch für die "neue NATO", wobei sich in der politischen Bewertung zwei Positionen diametral gegenüberstehen.