Mit der am 15. September 1999 einstimmig verabschiedeten Resolution 1264 genehmigte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gemäß Kapitel VII der UNO-Charta die Aufstellung einer multinationalen Truppe zur Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit in Osttimor. Die Resolution dokumentieren wir nachstehend im Wortlaut. (Vgl. zu Osttimor auch die Diskussionsbeiträge von Franz Ansprenger und Wilfried von Bredow im vorliegenden Heft.) D. Red.
Der Sicherheitsrat,
unter Hinweis auf seine früheren Resolutionen und die Erklärungen seines Präsidenten zur Situation in Osttimor, sowie unter Hinweis auf das Abkommen vom 5. Mai 1999 zwischen Indonesien und Portugal über die Osttimor-Frage sowie auf die am selben Tag geschlossenen Abkommen zwischen den Vereinten Nationen und den Regierungen Indonesiens beziehungsweise Portugals betreffend die Modalitäten für die Befragung des Volkes von Osttimor im Wege einer direkten Abstimmung sowie betreffend Sicherheitsregelungen (S/1999/513, Anhänge I-III), mit dem erneuten Ausdruck seiner Genugtuung über die erfolgreiche Volksbefragung in Osttimor vom 30. August 1999 und Kenntnis nehmend von ihrem Ergebnis, das er als einen getreuen Ausdruck der Meinung des Volkes von Osttimor erachtet, höchst besorgt über die Verschlechterung der Sicherheitslage in Osttimor und insbesondere über die anhaltenden Gewalthandlungen gegen osttimorische Zivilpersonen und ihre massenhafte Vertreibung und Umsiedlung, sowie höchst besorgt über die Angriffe auf das Personal und die Räumlichkeiten der Mission der Vereinten Nationen in Osttimor (UNAMET), auf andere Amtsträger und auf internationales und nationales humanitäres Personal, unter Hinweis auf die einschlägigen Grundsätze in dem am 9. Dezember 1994 verabschiedeten Übereinkommen über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal, entsetzt über die Verschlechterung der humanitären Lage in Osttimor, von der insbesondere Frauen, Kinder und andere schutzbedürftige Gruppen betroffen sind, in Bekräftigung des Rechts der Flüchtlinge und Vertriebenen auf eine sichere Rückkehr in ihre Heimat, sich dem Bericht der nach Jakarta und Dili entsandten Mission des Sicherheitsrats (S/1999/976) anschließend, mit Genugtuung über die Erklärung des Präsidenten Indonesiens vom 12. September 1999, in der er die Bereitschaft Indonesiens zum Ausdruck gebracht hat, eine internationale Friedenssicherungstruppe in Osttimor unter Einschaltung der Vereinten Nationen zu akzeptieren, mit Genugtuung über das Schreiben des Außenministers Australiens vom 14. September 1999 an den Generalsekretär (S/1999/975), in Bekräftigung der Achtung der Souveränitat und territorialen Unversehrtheit Indonesiens, mit dem Ausdruck seiner Besorgnis über Meldungen, denen zufolge systematische, weitverbreitete und flagrante Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte in Osttimor begangen worden sind, und betonend, daß diejenigen, die solche Verstöße begehen, dafür individuell verantwortlich sind, feststellend, daß die gegenwärtige Situation in Osttimor eine Bedrohung des Friedens und der Sicherheit darstellt, tätig werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,
1. verurteilt alle Gewalthandlungen in Osttimor, fordert ihre sofortige Einstellung und verlangt, daß die für diese Handlungen verantwortlichen Personen vor Gericht gebracht werden;
2. betont die dringende Notwendigkeit, koordinierte humanitäre Hilfe zu leisten, und unterstreicht, wie wichtig es ist, daß den humanitären Organisationen vollständiger, sicherer und ungehinderter Zugang gewährt wird, und fordert alle Parteien auf, mit diesen Organisationen zusammenzuarbeiten, um den Schutz der gefährdeten Zivilpersonen, die sichere Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen und die wirksame Bereitstellung humanitärer Hilfe zu gewährleisten;
3. genehmigt gemäß dem am 12. September 1999 von der Regierung Indonesiens an den Generalsekretär gerichteten Ersuchen die Einrichtung einer multinationalen Truppe unter gemeinsamer Führung, mit den folgenden Aufgaben: den Frieden und die Sicherheit in Osttimor wiederherzustellen, die UNAMET bei der Durchführung ihrer Aufgaben zu schützen und zu unterstützen und im Rahmen ihrer Truppenkapazität die humanitären Hilfsmaßnahmen zu erleichtern, und ermächtigt die an der multinationalen Truppe teilnehmenden Staaten, alle notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung dieses Mandats zu ergreifen;
4. begrüßt es, daß sich die Regierung Indonesiens verpflichtet hat, mit der multinationalen Truppe in allen Aspekten der Durchführung ihres Mandats zusammenzuarbeiten, und sieht einer engen Abstimmung zwischen der multinationalen Truppe und der Regierung Indonesiens erwartungsvoll entgegen;
5. unterstreicht, daß die Regierung Indonesiens unter Berücksichtigung des in Ziffer 3 festgelegten Mandats der multinationalen Truppe nach wie vor gemäß den Abkommen vom 5. Mai 1999 dafür verantwortlich ist, in der Übergangsphase zwischen dem Abschluß der Volksbefragung und dem Beginn der Umsetzung ihres Ergebnisses den Frieden und die Sicherheit in Osttimor zu wahren und die Sicherheit des Personals und der Räumlichkeiten der UNAMET zu gewährleisten;
6. begrüßt die Angebote von Mitgliedstaaten, die multinationale Truppe in Osttimor zu organisieren, zu führen und dazu beizutragen, fordert die Mitgliedstaaten auf, weiteres Personal, Ausrüstung und andere Mittel bereitzustellen, und bittet die Mitgliedstaaten, die in der Lage sind, einen Beitrag zu leisten, die Führung der multinationalen Truppe und den Generalsekretär davon in Kenntnis zu setzen;
7. unterstreicht, daß es den indonesischen Behörden obliegt, sofortige und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die sichere Rückkehr der Flüchtlinge nach Osttimor zu gewährleisten;
8. verweist auf Artikel 6 des Abkommens vom 5. Mai 1999, in dem es heißt, daß sich die Regierungen Indonesiens und Portugals und der Generalsekretär über Regelungen für eine friedliche und ordnungsgemäße Übertragung der Autorität in Osttimor auf die Vereinten Nationen einigen werden, und ersucht die Führung der multinationalen Truppe, eng mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten, um bei diesen Regelungen behilflich zu sein und sie zu unterstützen;
9. betont, daß die Kosten für die Truppe von den an ihr teilnehmenden Mitgliedstaaten getragen werden, und ersucht den Generalsekretär, einen Treuhandfonds einzurichten, über den Beiträge an die betreffenden Staaten oder Einsätze weitergeleitet werden könnten;
10. ist sich darüber einig, daß die multinationale Truppe kollektiv in Osttimor disloziert werden soll, bis sie so bald wie möglich durch einen Friedenssicherungseinsatz der Vereinten Nationen ersetzt wird, und bittet den Generalsekretär, dem Sicherheitsrat rasch Empfehlungen für einen Friedenssicherungseinsatz zu unterbreiten;
11. bittet den Generalsekretär, eine Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen in Osttimor zu planen und vorzubereiten, die einen Friedenssicherungseinsatz der Vereinten Nationen mit einschließt, der in der Umsetzungsphase der Volksbefragung (Phase III) disloziert werden soll, und dem Sicherheitsrat so bald wie möglich Empfehlungen vorzulegen;
12. ersucht die Führung der multinationalen Truppe, dem Rat über den Generalsekretär regelmäßig über die Fortschritte bei der Durchführung ihres Mandats Bericht zu erstatten, wobei der erste dieser Berichte spätestens 14 Tage nach Verabschiedung dieser Resolution vorzulegen ist;
13. beschließt, mit der Angelegenheit aktiv befaßt zu bleiben.